Heute ist Badetag, vor allem für die Kinder. Direkt nach dem Aufstehen fordert Sarah "Baden gehen". Nur mit viel Überredungskunst gelingt es uns, ihr zuvor noch ein Frühstück einzuflößen. Ihre neuen Schwimmflügelchen möchte sie anziehen. Die anderen Kinder haben auch solche. Voller Freude hüpft sie neben mir zum Strand.
Um so richtig ins Wasser zu gehen, ist es ihr aber doch zu kalt. Singend und spritzend springt die Kleine im seichten Wasser auf und ab. Es gefällt ihr prächtig. Nach einiger Zeit merke ich, daß sie zu schlottern beginnt. Ich überrede sie, mit mir zurück zum Wohnmobil zu gehen. Dort ist gerade Fabian strandfertig gemacht worden. Für mich bedeutet das Schichtwechsel. Ich gebe Sarah bei Annemarie ab, die ihr noch was zu essen macht und sie dann zum Mittagsschlaf ins Bett steckt. Dafür nehme ich Fabian an den Strand und lasse ihn im Sand spielen. Ein kleines Spielzeugeimerchen bekommt er immer wieder mit Wasser gefüllt. Für den Kleinen ist es eine Freude, den Eimer umzukippen und sich dabei selbst mit Sand zu panieren. Irgendwann wird auch für ihn Zeit, zurück zum Womo zu gehen. Annemarie und ich machen eine große Pfanne Bratkartoffeln, die wir anschließend zu viert mit Genuß leeren.
Mittlerweile ist es später Nachmittag. Zeit für die Exkursion, die ich mir gestern vorgenommen habe. Ich nehme nur die kleine Videokamera mit (wegen des Stativs hätte ich mit letztes Jahr fast die Knochen gebrochen) und natürlich meinen digitalen Fotoapparat incl. genügend Ersatzbatterien. Beides paßt in eine kleine Fototasche und ist so die ideale Ausstattung für Kletterexpeditionen.
Zuerst nehme ich die Höhle des Nestor in Angriff. Sie befindet sich in halber Höhe auf dem linken Hügel, der die Ochsenbauchbucht abschließt. Unser 'Schulz' kennt die Geschichte der Höhle: König Nestor 1300 v. Chr. soll aus Leidenschaft Vieh gestohlen und dort oben versteckt haben. Weshalb er als König Viehdiebstahl nötig hatte und wem er die Tiere stahl, darüber lese ich aber nichts. Jedenfalls soll eine stattliche Anzahl Vieh dort oben 'gelagert' worden sein.
Im Inneren der hallenförmigen, 25 Meter tiefen und 15 Meter breiten Höhle befindet sich nichts außer ein paar Fledermäusen. An manchen Stellen haben sich kleinere Tropfsteine gebildet. Dort, wo das Tageslicht hinkommt, sind die Wände grün. Der Boden besteht aus weicher, schwarzer Erde, wahrscheinlich gebildet aus dem Dung der Fledermäuse, die hier hin und her huschen. Man hört sie auch in großer Höhe fliepen, sehen kann ich sie leider nicht, denn meine mitgebrachte Mini-Maglite reicht allenfalls, um mir in der Höhle die Schuhe binden zu können. An der Decke der Höhle erkennt man in großer Höhe eine Öffnung, durch die Licht hereinfällt. Anhand dieses Lichtpunktes kann man die Höhe der Höhle abschätzen.
Nach Abschluß meiner Höhlenforschung mache ich mich an den weiteren Aufstieg zur alten Burg von Pilos. Diese Ruine ist sehr verfallen und das Gelände ist total verwildert. Immerhin hat man von hier oben den besten Überblick über unsere Bucht und die umliegende Landschaft. Ich kämpfe mich durchs Unterholz und nehme mir vor, sollte ich jemals wieder hier herauf steigen, dann auf jeden Fall mit langen Hosen!
Plötzlich sehe ich vor mir eine Öffnung im Boden, die wie ein Eingang aussieht. Ein Baum wächst heraus, läßt aber noch eine schmale Lücke frei, durch die man sich hindurchzwängen kann. Soll ich? Ich soll. Etwas unheimlich ist mir schon, als ich hinabsteige. Hinter dem Eingang befindet sich ein steil abfallender Weg, der ins schwarze Nichts führt. Mit Herzklopfen steige ich hinab, meine Mini-Maglite als Alibi-Funktion in der Hand. Nach einigen Metern scheint ein Absatz nach unten zu kommen, jedenfalls kann ich keinen Untergrund mehr ertasten. Mit der Funzel in meiner Hand kann ich nichts erkennen. Da kommt mir die Idee, das schwarze Loch einfach mit Blitzlicht zu fotografieren und mir dann das Bild anzusehen. Tatsächlich erkenne ich, daß der Gang unterhalb des Absatzes zu Ende ist. Einerseits enttäuscht, andererseits erleichtert krabble ich zurück ans Tageslicht.
Als ich meinen Weg durchs Unterholz fortsetze, finde ich noch mehrere Öffnungen im Boden, wo es tief hinabzugehen scheint. Vielleicht ist eines der Löcher auch die Öffnung in der Decke der Höhle des Nestor? Ich weiß, daß ich selbst vor kurzem noch unter diesem Loch gestanden habe und verzichte darauf Steine hinabzuwerfen, um die Tiefe zu ergründen. Jedem, der diese Zeilen liest, und nach mir hier oben herumklettert, gebe ich den Rat mit auf den Weg, vor jedem Schritt aufmerksam zu schauen, wohin man den Fuß setzt. Die Öffnungen in die Unterwelt sind teilweise mit Gestrüpp überwuchert.
Daß hier oben keines Menschen Hand regulierend eingreift, sieht man an den uralten Bäumen, die aus den Ruinen wachsen. Ich finde einen alten Olivenbaum, bei dessen Anblick Edgar Allan Poe sicher sofort die passende Horrorgeschichte eingefallen wäre. Überhaupt ist alles ein wenig gruselig, hier oben. Ich bilde mir das wenigstens ein. Vielleicht trägt dazu auch die Tatsache bei, daß es vor Spinnen nur so wimmelt und ich Spinnen hasse. Überall hängen sie in ihren Netzen zwischen den Bäumen und der Gedanke daran, daß mir eine auf dem Kopf herum krabbeln oder mich gar beißen könnte, läßt mir kalte Schauer den Rücken herunter laufen.
Ich erklimme die höchste Mauer, die ich finden kann und schaue mich um. Von meinem Standort aus habe ich den besten Überblick über das Ruinengelände und die Bucht von Navarino. Was ich gesehen habe, reicht mir. Ich mache mich auf den Rückweg. Irgendwie bin ich froh, als ich das Unterholz verlassen habe und auf dem Abstieg bin. Mein Bedarf an Abenteuer ist für heute gedeckt. Ich mag nun mal kein Krabbelviehzeug. Vor allem keine Spinnen. Die Beine total zerkratzt komme ich zurück zum Wohnmobil.
Es ist wieder mal Abend und die tägliche Routine des Kinder zu Bett bringens beginnt. Heute steht die Variante 'Kinder duschen' an. Schließlich waren die Kleinen im Wasser. Sarah bittet und fleht: "Nicht duschen, nicht duschen" und wir erklären ihr, daß sie nicht geduscht, sondern nur gewaschen wird. Letztlich kommt das aber aufs Gleiche raus und endet wie immer mit einem Heulkonzert. Später duschen wir Eltern auch noch und schon ist der Tag wieder zu Ende. Ich schreibe noch ein wenig an meinen Urlaubserzählungen und gehe als Letzter zu Bett.