Heute morgen, nach dem Frühstück, geht es noch mal mit den Kindern ans Meer. Annemarie macht derweil das Wohnmobil innen fahrfertig. Wir möchten möglichst bald weiterfahren.
Als alles fertig ist und die Kinder sich entsandet hinten im Schlafzimmer befinden, verabschieden wir uns von den Österreichern hinter uns und unterhalten uns letztendlich doch noch eine kleine Ewigkeit mit ihnen. Als wir endlich wegkommen ist es schon wieder 11:30 Uhr. Das scheint in diesem Urlaub die Zeit zu sein, an der wir morgens frühestens so weit sind, unsere Reise fortzusetzen. Vorher geht fast gar nichts. Zum Abschied meint der Österreicher: "Nun fahrt schon, daß die anderen hier sich endlich das Maul über Euch zerreißen können!"
Der Niederländer hat den gestrigen Abend dazu verwendet, die restlichen Wohnmobilisten gegen uns aufzuhetzen. Wie weit ihm das gelungen ist, wissen wir nicht, es interessiert uns auch nicht. Neider gibt es immer, damit muß man leben. Der Österreicher hinter uns bringt es auf den Punkt: mancher Rentner, der dreimal in Griechenland war, glaubt, daß er die Kultur und die griechische Lebensweise mit Löffeln gefressen hätte und das Recht habe, andere (vor allem jüngere) zu belehren. Annemarie ärgert sich viel mehr als mich. Mir gehen solche Typen hinten links vorbei. Trotzdem bin auch ich froh, hier wieder weg zu kommen. Ich liebe diese Rentnercliquen, die den ganzen Sommer an einem Platz herumhängen und ihn als ihr Privateigentum betrachten, nicht so besonders. Und der Mirtos Beach ist ein solcher Platz – jeden Fall im Augenblick.
Die Reise führt uns nach Fiskardo. Hier legt die Fähre von der Insel Lefkas an. Vor ca. 10 Jahren kam ich einmal auf diese Weise nach Kefalonia. Deshalb bin ich gespannt, ob ich noch etwas von diesem kleinen Örtchen wiedererkenne. Es soll jedenfalls sehr malerisch sein, hat man uns gesagt.
Wir stellen das Wohnmobil auf dem ausgewiesenen Parkplatz von Fiskardo ab und wandern hinunter an die Strandpromenade. Hier ist jede Menge Betrieb. Fiskardo ist ein sehr schönes, aber auch total vom Tourismus geprägtes Örtchen. Ich glaube, vor zehn Jahren war der Tourismus noch nicht so dominierend wie heute. Im Wasser ist die ganze Kaimauer von Jachten und Fischerbooten belegt. Entlang der Hafenmauer haben die Tavernen ihre Tische aufgestellt. Am Muster der Tischdecken und den unterschiedlichen Stühlen kann man erkennen, welche Tische zu welcher Taverne gehören.
Wir genehmigen uns ein Eis und bummeln dann die Strandpromenade hinunter. Eine Zeitlang sitzen wir an der Hafenmauer und schauen den Fischen zu. Es gibt hier richtig große Fischschwärme und wenn man eine Weile still am Wasser sitzt, dann kommen die Fische so nah, daß man meint, nur hinein greifen zu müssen, um sie herausholen zu können. Sarah glaubt das auch und ist nur schwer davon zu überzeugen, daß man so keine Fische fangen kann.
In einer kleinen Taverne, nicht zu nah am Wasser, wir kennen doch unseren kleinen, rothaarigen Ausreißer, essen wir Toast zu Mittag.
Nach dem Essen geht es zurück zum Wohnmobil. Unsere Jessica hatten wir dort zurück gelassen und bereits von weitem hören wir sie die Arie vom armen, verlassenen Hund singen. Als wir zu unserem Wohnmobil kommen, streichen gerade ein paar "militante" Tierschützer um das Auto und suchen wohl einen Weg um das arme Tier aus seiner mißlichen Lage zu befreien. Nur: so arm wie das Vieh tut, ist es gar nicht. Im Wohnmobil ist es nicht heiß, sie kann sich bewegen, hat Wasser und frische Luft, aber wie erklärt man das einem Hund?
Wir nehmen die Fahrt wieder auf und möchten die Runde um das 'Nordkap' der Insel Kefalonia abschließen. Wenige Kilometer nach Fiskardo finden wir eine malerische, bewaldete Bucht, mit einem Badeplätzchen in einem Oliverhain. Wir beschließen, das Wohnmobil oben an der Straße stehen zu lassen und einmal ins Wasser zu hüpfen. Bei näherer Betrachtung des Strandes stellt sich jedoch heraus, daß das Wasser nicht sehr sauber und der Strand auch recht vermüllt ist und so fahren wir schnell weiter.
Irgendwann kommen wir an einem reich behangenen Kirschbaum vorbei, der nicht so aussieht, als ob er jemand gehört. Annemarie springt aus dem Auto um zu probieren und macht ein verzücktes Gesicht. Die Kinder schlafen gerade, also lasse ich das Wohnmobil am Straßenrand stehen und mache mich an die Kirschenernte. Sie schmecken echt hervorragend. Als die von unten erreichbaren Kirschen abgeerntet sind, rangiere ich das Wohnmobil unter den Baum, damit wir über die Heckleiter auch die höheren Regionen erreichen können. Ich pflücke auch eine Tasse voll für unsere schlafenden Würmchen. Als Fabian später wach wird, ißt er alle mit Begeisterung auf.
Die Strecke führt uns über Agios Eufimia Richtung Sami. Unterwegs führt die Straße an mehreren kleinen Kieselstränden vorbei, von denen das Wasser stets türkis heraufblinkt. Obwohl wir gerne einen Badestop einlegen würden, erweist sich das Wasser als nicht sehr einladend. An einem Strand treiben sogar braune Brocken im Wasser. Wir fahren schnell weiter.
Am Rande der Ortschaft Digaleto finden wir eine Wasserquelle mit einem ständig sprudelnden Wasserhahn direkt neben der Straße. Natürlich halten wir sofort, um dieses kostbare Naß für die Ergänzung unseres Wasservorrats und die ausgiebige Körperreinigung zu nutzen. Wir waren heute bereits mehrfach im Meer und sind noch nicht geduscht, deshalb ist diese Quelle ein Geschenk der Himmels. Die Kinder sind auch ganz begeistert und obwohl das Wasser eiskalt ist, planschen sie und waschen sich mit Begeisterung.
Als wir endlich fertig sind, ist über eine Stunde vergangen. Mittlerweile ist es halb acht und es wird Zeit, sich einen Schlafplatz zu suchen. Wir finden ihn gleich in der nächsten Ortschaft Agios Nikolaos, wo wir uns mitten im Dorf neben dem Dorfplatz hinstellen, nachdem wir die Dorfbewohner gefragt haben, ob wir das dürfen. Hier oben, wir befinden uns auf ca. 800 Meter über dem Meer, weht ein frischer Wind und das ist angenehm nach der Hitze der letzten Tage.
Ich hole den Roller von der Rampe, um den Avitos Lake zu besichtigen, der sich hier befinden soll, finde aber nur ein Pumpenhäuschen vor. Jetzt fällt mir auch wieder ein, daß ich vor 10 Jahren schon mal auf das Wort 'Lake' hereingefallen bin und bei dem Pumpenhäuschen war. Tatsache ist, daß es hier eine sehr ergiebige Quelle gibt, die ein Viertel der Insel mit Süßwasser versorgt. Eine kleine Wasserfläche scheint auch vorhanden zu sein, aber die ist mit Schilf umwachsen und außerdem eingezäunt. Warum die Griechen daraus eine ausgeschilderte Sehenswürdigkeit machen, ist mir allerdings nicht klar.
Die Gegend hier scheint sehr wasserreich zu sein. Wasser spielt auf der Insel eine große Rolle, wie wir auf der heutigen Fahrt sehen konnten. Mehrfach sind uns in der Landschaft merkwürdige Bauwerke aufgefallen, die wahrscheinlich als Auffanganlagen für Regenwasser mit angeschlossenen Zisternen dienten oder noch dienen. Momentan scheint das Wasser aber nicht knapp zu sein, denn die Quelle heute abend sprudelte sehr reichlich.
Am Dorfplatz von Agios Nikolaos dreht sich mal wieder alles um unsere Kinder. Fabian mit seinen roten Haaren hat es den Griechen angetan und so spielen unsere zwei mit ein paar griechischen Kindern, das jüngste mit 18 Monaten, während ich mich mit den Eltern (auf englisch) unterhalte.
Als Annemarie das Essen fertig hat, werden die beiden abgefüttert und ins Bett verfrachtet. Bis tatsächlich Ruhe in unserem Wohnmobil einkehrt, ist es mal wieder spät.