Donnerstag, 1. Juli 1999

P014898.jpg (24688 Byte)Heute ist unser letzter Tag in Griechenland. Zehn Minuten vor Mitternacht wird unsere Fähre Richtung Heimat in Patras ablegen. Der Zeitpunkt der Verabschiedung von unseren Freunden, mit denen wir die letzten zwei Wochen gemeinsam durch Griechenland getourt sind, ist aber bereits heute Mittag. Die möchten nämlich um 13 Uhr mit der Zahnradbahn nach Kalavrita fahren, und wenn sie von dort zurück kommen, sind wir wahrscheinlich bereits auf dem Weg nach Patras. Irgendwie befällt mich heute morgen ein etwas wehmütiges Gefühl.

Wir frühstücken ein letztes Mal gemeinsam an der großen Tafel. Danach beginnt bei uns das große Aufräumen und Einpacken. Im Bau von Wagenburgen waren wir ein unschlagbares Team. Heute Nachmittag wird die letzte unserer Burgen abgebaut und aufgelöst.

P014913.jpg (17211 Byte)

Gegen Mittag bringe ich zusammen mit Helmut die ganze Schar nochmals per Rollertaxi zum Bahnhof. Wir verabschieden uns, aber nur für ein paar Tage. Da Breidis zusammen mit Heidrichs genau in einer Woche zurück fahren, werden sie, wie wir auch, am Samstagvormittag in Venedig ankommen. Von dort aus fahren sie direkt zu uns. Annemarie hat versprochen, ein Essen für alle zuzubereiten und die Frauen wünschen sich Weißwürstchen.

An unserem Solarwochenende haben wir Weißwürste mit nach Gladbach genommen und die Breidis auf den Geschmack gebracht. Nun, wenn sie sich Weißwürstchen wünschen, werden sie welche bekommen. Sicherheitshalber werden wir aber auch noch etwas richtiges zum Essen vorbereiten. (Liebe Bayern: natürlich sind Weißwürstchen auch etwas richtiges zu Essen, aber mir jedenfalls geht es so, daß ich keine Weißwürstchen riechen kann, wenn ich richtigen Hunger habe – aber das war nicht immer so).

Jetzt sitze ich alleine am Strand. Vor mir plätschert das Wasser. Annemarie kramt hinter mir im Wohnmobil herum und bereitet in Ruhe alles für den Heimweg vor. Unsere Kinder planschen zusammen mit den Kindern einer Paderborner Familie, die wir gestern hier am Strand von Diakofto wiedergetroffen haben, nachdem Annemarie sie letztes Jahr auf der Fähre nach Hause kennen gelernt hatte (hier in Griechenland ist die Welt recht klein).

In Gedanken ziehe ich Resümee über diese Reise. Letztes Jahr im Mai machten wir ähnlich Urlaub. Die Kinder waren kleiner und anstrengender, als wir versuchten, Meer und Kultur zu verbinden. Dieses Jahr ging es mit den Kindern wesentlich besser. Wir sind viel durch Griechenland gefahren, etwa 3.500 Kilometer mit dem Wohnmobil und nochmals 1.500 Kilometer auf dem Roller. Wir haben 5 innergriechische Fähren benutzt und drei Inseln besucht. Wir waren insgesamt 6 Wochen unterwegs. Die zurückgelegte Strecke ging kreuz und quer durch Griechenland. Lediglich den Norden des Landes haben wir wegen der Probleme im Kosovo ausgelassen. Es muß auch noch etwas für die nächsten Jahre übrig bleiben. Für einige der geplanten Sehenswürdigkeiten hatten wir entweder keine Zeit oder keine Lust, den erforderlichen Umweg zu fahren (z. B. Delphi).

In den letzten Jahren hatte ich gegen Ende des Urlaubs immer das Gefühl, froh zu sein, nach Hause zu kommen. Dieses Jahr vermisse ich dieses Gefühl. Die diesjährige Reise war ausgefüllter und noch abwechslungsreicher als die letztjährige und ich habe schon jetzt ein Sehnsuchtsgefühl in mir. Eigentlich will ich noch nicht zurück nach Deutschland. Schwere berufliche Herausforderungen warten auf mich und mag noch gar nicht an den ersten Arbeitstag denken. Das war in den letzten Jahren meist anders.

Der Gedanke daran, daß in Deutschland der Sommer gerade erst angefangen hat, beruhigt mich dagegen ein wenig. Wir haben eine Menge neuer Freunde kennen gelernt und mit Hilfe des Internet werden wir ständigen Kontakt mit ihnen halten können. Außerdem haben alle, wie wir, ein eigenes Wohnmobil und ich freue mich auf die vielen schönen Wochenenden in diesem Jahr, an denen wir uns treffen werden. Auch mit den Owingern werden wir uns bald nach dem Urlaub wieder treffen. Wir haben uns bereits ein gemeinsames Wochenende an einem schönen See in der Nähe eines geeigneten Gleitschirmstartgeländes geplant.

Über dem Meer hängen schwarze Gewitterwolken und in der Ferne hört man das dumpfe Grollen des Donners. Wahrscheinlich ist bald Schluß mit der Sonne. Ich beende meine gedankliche Wanderschaft durch die nähere Vergangenheit und Zukunft und wende mich wieder den Realitäten zu. Wir müssen draußen alles zusammen geräumt haben, bevor es zu regnen beginnt.

P014922.jpg (23710 Byte)Ich dusche noch mal und wir sind fast fertig mit Aufräumen, als unsere Zugfahrer zurück kehren. Helmut und Georg kommen auf Helmuts Roller angefahren; gerade rechtzeitig, um meinen Roller, den ich Gott sei Dank noch nicht aufgeladen habe, auch als Rollertaxi zu verwenden. Georg und Helmut fahren ein paarmal zum Bahnhof und sehr schnell ist die ganze Mannschaft wieder versammelt. Ich tanke noch mal Wasser und lade den Roller auf. Jetzt sind wir reisefertig. Obwohl wir uns heute schon mal verabschiedet haben, gibt es noch einmal ein großes Hallo und es dauert einige Zeit, bis wir uns tatsächlich losreißen können. Wie gesagt, der Abschied ist ja nicht für lange.

Wir fahren auf der alten Nationalstraße nach Patras. Unterwegs kaufen wir Knoblauch und Honigmelonen, tanken Wohnmobil und Roller noch mal randvoll und treffen dann in Patras ein. Jetzt brauchen wir nur noch einen großen Supermarkt, aber die sind dummerweise alle auf der anderen Seite der Stadt. Bis jetzt hat alles so gut geklappt, deshalb möchte ich unser Glück nicht herausfordern und fahre lieber mit dem Roller einkaufen. Ich stelle Wohnmobil mit Frau und Kindern im Hafengelände ab und mache mich mit dem Roller auf den Weg zu unserem A+B-Supermarkt. 15.000 Drachmen haben wir noch und die kann ich für Lebensmittel ausgeben.

Mit dem Roller kommt man am Besten durch eine Stadt wie Patras. Es macht richtig Spaß, sich an den Autos vorbei zu quetschen. Ich erledige meine Einkäufe und kehre zurück zum Hafen. So ein Roller ist eine feine Sache. Ich liefere die Einkäufe ab und flitze mit dem Ticket in die Stadt zum Büro der Strintzis Lines um einzuchecken. Das könnte man zwar später auch am Hafen machen, aber erledigt ist erledigt und wozu hat man ein motorisiertes Begleitfahrzeug?

Im Büro der Strintzis Lines teilt man mir mit, daß unser Schiff, die Superferry Hellas drei Stunden Verspätung hat und erst um 3 Uhr morgens ablegen wird. Na fein! dann haben wir ja eine längere Nacht vor uns. Aber egal, nach Hause müssen wir auf jeden Fall. Mit der Verspätung kommen wir eben erst am Samstag um 12 Uhr Mittag in Venedig an. Unser Schiff legt am Gate 6 ab und als ich zurück im Hafen bin, stelle ich das Wohnmobil dort ab.

Wir essen Spaghetti mit Knoblauchsoße zu abend und danach lege ich mich in den Alkoven, jedoch nicht ohne zuvor den Wecker auf 1:30 Uhr gestellt zu haben.