Mittwoch, 8. Mai 2002

Als wir aufwachen, gilt Annemaries erster Blick dem Lidl-Supermarkt. Er hat schon geöffnet, es herrscht bereits reger Andrang auf dem Parkplatz, obwohl es erst 8 Uhr ist. Einige Wohnmobile stehenauch davor. Wir ziehen uns an und bereiten uns vor, hinüber zum Lidl zu fahren.

Schon viel Andrang um diese Zeit

Auf der Fahrt zu einer Wendestelle begegnet uns eine Gruppe deutscher und österreichischer Wohnmobile. Alle haben einen großen Aufkleber auf dem Heck: "Perestroika Tours: Auf den Spuren Marco Polos nach China". Vor der Fahrt hatten Annemarie und ich uns noch den Katalog von Perestroika Tours angeschaut. Prinzipiell würde ich später auch gerne solche Reisen machen. Mal sehen. Bis ich in Rente gehe, dauert es noch ein Weilchen.

Auf dem Parkplatz von Lidl stehen acht deutsche Wohnmobile. Ich spreche die Besatzungen an. Auch hierbei handelt es sich um eine geführte Tour, allerdings nur durch die Türkei und mit einer Reisegesellschaft, deren Namen ich mir nicht merken kann. Alle Wohnmobilbesatzungen bestehen aus Ehepaaren im Rentenalter. Klar, wer sonst hat die Zeit, solch lange Touren mitzumachen?

Deutsche Wohnmobile vor griechischem Lidl

Der griechische Lidl hat exakt das gleiche Programm, wie unser Lidl in Deutschland. Ich ärgere mich nachträglich, dass ich die Treckingschuhe verpasst habe, die es letzte Woche gegeben hat. In Deutschland hatte ich sie im Prospekt gesehen, der gerade zu dem Zeitpunkt verteilt wurde, als wir aufbrachen. Auf die Idee, in Griechenland in einen Lidl zu gehen, kam ich jedoch nicht.

Die Reisegruppe bricht auf. Acht Wohnmobile rollen im Konvoi vom Parkplatz. Wir frühstücken noch hier und brechen dann ebenfalls auf. An der türkischen Grenze haben wir den Konvoi wieder eingeholt. Hier stehen alle Wohnmobile und erledigen die Zollformalitäten. Eine französische Rallye, bestehend aus 2CVs (Enten), passiert die Grenze gerade Richtung Griechenland. Überall stehen wild umgebaute Rallyeenten herum. Immer wieder treffen neue Fahrzeuge dieser Gruppe ein.

An der türkischen Grenze

Annemarie erledigt die Grenzformalitäten und nach relativ kurzer Zeit sind wir abgefertigt. Noch vor der Reisegruppe können wir in die Türkei einreisen.

Das Landschaftsbild ändert sich schlagartig. Der erste Eindruck von der Türkei ist, dass es hier sauberer ist als in Griechenland. Es liegt kein Müll mehr im Straßengraben. Die türkischen Städte machen einen europäischeren Eindruck als die griechischen. Man merkt, dass man sich in einem anderen Kulturkreis befindet.

Noch ganz in derartige Betrachtungen versunken, erreichen wir die Kreuzung, an der es Richtung Çanakkale oder Istanbul geht. Unser nächstes Ziel heißt Istanbul; darauf einigen Annemarie und ich uns an dieser Kreuzung spontan. Direkt neben der Kreuzung befindet sich auch ein Migros Supermarkt. Wir halten und Annemarie kauft noch ein paar Dinge ein.

Zu diesem Migros gehört auch ein Kinderspielplatz, auf dem Sarah und Fabian sich etwas austoben können.

Die Fahrt geht weiter. Anfangs ist die Strecke noch schnurgerade. Später wird die Strasse schlecht. In Tekirdag halten wir an, um zu Mittag zu essen. Die Kinder fangen an zu meutern und auch uns knurrt gehörig der Magen. Ich nutze die Pause, um den Roller abzuladen und in die Stadt zu fahren, um Geld zu besorgen. Wir haben keine türkischen Lira. Hier gilt ja der Euro noch nicht.

Nach ausgiebiger Pause geht die Fahrt weiter. Als wir in die Nähe von Istanbul kommen, wird der Verkehr dichter. Als wir die Innenstadt erreichen, stehen wir im dicksten Verkehr.

Auf dem Weg nach Istanbul

In einem unserer Reiseführer steht, Istanbul hätte ein Verkehrsproblem. Jetzt bekommen wir es an eigener Haut zu spüren. Wir haben keinen Stadtplan von Istanbul und verfahren uns total. Irgendwann stehen wir im dicksten Feierabendverkehr und es geht kaum noch vorwärts. Eigentlich suchen wir ja einen Campingplatz, aber es sieht nicht so aus, als ob es im Stadtgebiet welche gäbe.

Wir sehen einen freien Parkplatz rechts und Annemarie sagt, ich solle dort anhalten. Sie will nach dem Weg zum nächsten Campingplatz fragen. Schon beim Versuch, abzubiegen, springt ein Wärter auf mich zu und bedeutet mir, hier könne ich nicht stehen bleiben. Annemarie steigt aus und beginnt mit ihm zu diskutieren. Einige Polizisten stehen auch am Rande des Platzes und es entsteht eine größere Unterhaltung mit Händen und Füßen. Auf diesem Platz können wir nicht stehen bleiben, erfahren wir, aber direkt vor dem Platz, neben der Straße gibt es eine Fläche, auf der wir die Nacht verbringen könnten, gibt uns die Polizei zu verstehen. Die Polizei sei die ganze Nacht hier, deshalb sei es überhaupt kein Problem und ein sicherer Platz zum Übernachten.

So kommt es, dass wir die Nacht mitten in Istanbul, direkt neben dem Dolmabahce Palast verbringen. Es ist zwar nicht leise hier, aber mitten in Istanbul, direkt neben dem Bosporus zu schlafen, hat etwas besonderes.

Der Bosporus

Ich fahre noch etwas mit dem Roller in der Stadt herum, besorge in einer Buchhandlung zwei deutschsprachige Karten – eine von der Türkei und eine von Istanbul. Bei einbrechender Dunkelheit ist die Stadt noch eindrucksvoller. Ich genieße den Flair dieser Stadt in vollen Zügen.

Direkt unter der Autobahnbrücke über den Bosporus

Morgen werden wir uns einen Campingplatz suchen und dann werde ich jeden Winkel dieser Stadt erkunden. Ich freue mich schon darauf.