Sonntag, 2. September 2001

Um 7 Uhr sind wir heute schon aus dem Bett. Schnell packen wir unsere restlichen Dinge zusammen, bezahlen den Platz und machen uns auf den Weg nach Kaş um dort zu frühstücken. Nach einem Çay-Frühstück mit Toast im Hafen fahren wir Richtung Antalya los.

Wir überqueren einen Bergpass und kommen in das fruchtbare Schwemmlandgebiet von Kale. Es ist geprägt von gigantischen Gewächshausflächen.

Hier in der Nähe befinden sich die Felsengräber von Myra. Den Besuch dieser Gräber verschiebe ich, weil Annemarie und die Kinder erst zu einem Strand möchten. Leider finden wir keinen geeigneten Strand und bald sind wir so weit von Myra entfernt, dass es sich nicht mehr lohnt, umzukehren und zurück zu fahren. Trotzdem bekomme ich einen Eindruck der Bauweise der Felsengräber, weil es bereits vereinzelte Gräber auf der Strecke von Kaş nach Kale an den Felsen der Berghänge zu sehen gab und weil wir an einer einzelnen Grabstätte unmittelbar vorbei kommen. Hier halten wir an und ich erklimme den Grabhügel um mir das Felsengrab aus der Nähe anzusehen.

Am östlichen Ende des Tales von Kale befindet sich ein vom offenen Meer abgegrenztes Binnenmeer, das nur sehr flachen Wasserstand hat und recht brackig ist. Die Ufer sind zum Großteil veralgt. Wir umrunden diesen See und halten an einer kleinen Taverne, bevor wir das Tal verlassen. Wir haben Durst und müssen Frischwasser bunkern. Falls wir auf der Weiterfahrt einen Traumstrand finden, brauchen wir Wasser. Hier müssen wir das erste Mal in der Türkei für Wasser bezahlen. 1 Million verlangt der Wirt für einen Wassertank voll Frischwasser – soll er haben. Am Çay verdient er zu wenig, deshalb will er uns keinen verkaufen, obwohl ein Schild vor dem Restaurant den Tee anpreist. Aber was soll's. Wir haben schon so viel türkische Gastfreundschaft genießen dürfen!

Wir kommen nach Finike, aber auch hier gefällt es uns nicht sonderlich. Es gibt zwar einen ewig langen Sandstrand, aber die vielen Häuser auf der anderen Seite der vierspurigen Straße am Strand entlang produzieren jede Menge Abwasser und Kläranlagen haben wir noch nirgends gesehen… Außerdem gibt es eine Menge armselige Hütten am Strand. Hier leben Menschen unter den erbärmlichsten Umständen. Wir möchten uns nicht mit unserem Wohnmobil dazwischen stellen.

Nach Finike wird die Straße kurvig und führt direkt am Meer entlang. Es gibt keine Sandstrände mehr, sondern Felsküste mit kristallklarem Wasser. Ganz vereinzelt führt die Straße an kleinen Buchten vorbei, wo es winzige Kiesstrände, aber keine Parkplätze gibt.

Wir gelangen in das Naturschutzgebiet Olympos. Zuerst versuchen wir bei der kleinen Siedlung Çavuşköy einen für uns geeigneten Platz zu finden. 20 Kilometer holpern wir über winzige Sträßchen, fernab jeglicher Zivilisation. Unterwegs essen wir in einem kleinen Restaurant, in dem es nur Gözleme gibt, etwas zu Mittag.

Der Versuch, zu  beschreiben, unter welchen Bedingungen die Frau, die dieses kleine Restaurant betreibt, lebt, muss hoffnungslos fehl schlagen, denn uns Mitteleuropäern fehlt dazu die erforderliche Vorstellungskraft. Die Frau lebt mit ihren zwei Kindern im Restaurant auf einem Bretterverschlag. Der Anstand verbietet mir, im Inneren ein Foto zu machen. Jedenfalls gönnen wir der Frau die 5 Millionen, die sie von uns bekommt, von Herzen.

Ich mache mir Sorgen, weil morgen doch Montag ist und ich einen Internetzugang brauche, um eventuell mit der Firma Kontakt aufnehmen zu können. Die Bucht von Çavuşköy ist wirklich sehenswert. Breiter Sandstrand, türkises Wasser, aber kein Campingplatz.

Zufällig entdecke ich eine feuchte Stelle im hinteren linken Radkasten unseres Wohnmobils. Es sieht so aus, als ob Wasser von innen nach außen durchsickert. Die Suche nach der Ursache führt ziemlich schnell zu einem undichten Füllstandgeber des Frischwassertanks. Bei vollem Frischwassertank läuft der Tank an dieser Stelle über und das Wasser in den Doppelboden. Hier verdunstet es wieder oder es sucht sich einen Weg nach außen – über den Radkasten, wie ich festgestellt habe. Diese Entdeckung liegt mir schwer im Magen. Jetzt, wo ich darüber nachdenke, werden mir einige Dinge klar. Ich habe mich schon einige Male über feuchte Reifen gewundert. Jetzt ist mir klar: das auslaufende Wasser läuft am Fahrgestell entlang, tropft auf die Reifen und hinterlässt dort Spuren. Ich nehme mir vor, den Geber baldmöglichst abzudichten. Im Augenblick beschränken wir uns darauf, so viel Wasser abzulassen, dass der Tank nicht mehr randvoll ist und ein Tuch auf den Geber zu legen, der eventuell trotzdem noch auslaufendes Wasser aufsaugen soll. Welche Gedanken mir momentan sonst noch durch den Kopf gehen, schreibe ich lieber nicht auf.

Zum frei Stehen haben wir keine Lust, wir sind schon zu verwöhnt. Deshalb nehmen wir hier ein Bad und fahren dann weiter nach Olympos. Aber hier ist es das Gleiche – kein Campingplatz. Die Sonne steht schon tief und so beschließen wir, einem Schild nachzufahren, auf dem steht 'Restaurant – free Camping'. Hunger haben wir alle. Morgen werden wir weiter sehen.

Das Restaurant Bambolero ist eine kleine Baumhaussiedlung. Das Wohnmobil passt nicht hinein, wir lassen es vor dem Tor stehen. Den Kindern gefällt es hier auf Anhieb, denn es läuft ein großer und ein kleiner Hund herum und es gibt auch ein freilaufendes Schaf, dass es unseren beiden besonders angetan hat (Anm.: freilaufend war das Schaf nur bis zu unserem Eintreffen. Danach wurde es von Sarah und Fabian gegängelt). Das beste: ein Schild verkündet, dass hier auch ein Computer mit Internetzugang zur Verfügung steht. Der morgige Tag ist gerettet.

Es gibt ein Einheitsessen. Aus großen Töpfen kann man sich seine Portion herausschöpfen. Es schmeckt lecker. Wir melden uns noch für das morgige Frühstück morgen und ziehen uns beizeiten ins Wohnmobil zurück. Es war heute wieder einmal ein anstrengender Tag.