Mittwoch, 20. September 2000

Am Morgen kommt ein Bediensteter der Stadt, um die Stellplatzgebühr zu kassieren. 15.000 Lire bezahlen wir für die Zeit von 0-24 Uhr.

Buggerru war früher eine Minenstadt. Mittlerweile wurden die Minen geschlossen und die Gemeinde versucht nun, den Fremdenverkehr als neue Einnahmequelle zu erschließen. Deshalb wurde ein neuer Yachthafen gebaut, der Strand neu gestaltet und ein großzügiges Stellplatzangebot für Wohnmobile geschaffen.

Verfallene Anlagen am Rande des Ortes

Nach dem Frühstück, für das wir Tisch und Stühle mit Blick auf das tosende Meer platzieren, packe ich meine Videoausrüstung zusammen und mache mich mit dem Roller auf den Weg, um Buggerru zu erkunden und Material für ein kurzes Filmportrait zu sammeln. 

Dieser kleine Ort in den Bergen fasziniert mich. Die Bewohner müssen von irgend etwas leben. Früher waren die Menschen hier Bergleute. Was machen die Kumpels heute? Immerhin sind es ca. 15 Kilometer bis zum nächsten Ort. Die nächste größere Stadt ist sogar fast 30 Kilometer entfernt. Die Straße dorthin führt nic ht etwa geradeaus, sondern äußerst kurvig durch die Berge.

Buggerru

Ich besichtige den Hafen und die gewaltigen Brandungsmauern, an denen die anlaufenden Brecher in riesigen Wasserfontänen zerplatzen. Innerhalb des Hafenbeckens ist die Wasseroberfläche spiegelglatt. Ich glaube, an der Westküste ist das Meer unruhiger, als auf der Ostseite der Insel. Ich erinnere mich an Bosa, wo ich im Frühjahr ebenfalls die gewaltigen Brecher bewundert habe.

Gegen Mittag wagen sich die ersten Wellenreiter auf das Meer. Im Laufe des Nachmittags werden es immer mehr. Tatsächlich ist die Dünung hier stark genug, um auf den Wellen zu surfen. Ich kannte diese Sportart bisher nur aus dem Fernsehen und dachte, lediglich der Atlantik oder Pazifik biete ausreichend hohe Wellen. tatsächlich scheint das Wellenreiten hier recht populär zu sein.

Die Brandung ist so stark, dass sogar Wellenreiter auf ihre Kosten kommen 

Am Rand des Strandes von Buggerru befindet sich eine kleine Höhle. Sie ist vom Strand aus erreichbar, der Eingang befindet sich aber bereits im Wasser. Ich versuche, hineinzukommen, werde aber von dem hohen Seegang daran gehindert. Die Gewalt des Meeres ist gigantisch. Ich sitze auf den Felsen weit oberhalb des Wasserpegels und werde trotzdem immer wieder von Gischtwellen überspült. Immer wenn ein Brecher gegen die Felsen prallt, ertönt ein dumpfes Grollen. Hier, am Rand des Strandes geht der Sandstrand in eine, wahrscheinlich aufgeschüttete, Geröllhalde über, bevor mit gewaltigen Felsen ein Steilküstenabschnitt beginnt. Das Meer hat solch eine Gewalt, das die großen Steine ständig bewegt werden. Man kann beobachten, wie aus Geröllsteinen langsam runde Kiesel werden. Die Steine, die näher am Wasser liegen, sind bereits teilweise rund geschliffen.

Kopfwäsche

Auf unserem Stellplatz gibt es Wasserhähne. Die Strandduschen sind noch nicht fertiggestellt. Das macht aber nichts, denn auch unter dem Wasserhahn kann man sich hervorragend waschen. Wir hätten zwar auch unsere Dusche im Wohnmobil, aber ein bisschen Camperromantik muss schon sein.

Als nächstes sollte ich mich um Benzin für meinen Roller kümmern. Die Tanknadel ist schon weit Richtung Reserve fortgeschritten und die einzige Tankstelle am Ort ist gerade außer Betrieb. Mir bleibt nichts anderes übrig, als nach Fluminimaggiore zu fahren. Dort tanke ich und hole auch Geld, denn selbst einen Bankautomat gibt es in Buggerru nicht.

Wie in Orgosolo, gibt es auch in Fluminimaggiore diese Wandmalereien, die Murales 

Es gibt noch einen weiteren Grund, der uns nach Buggerru geführt hat: die Möglichkeit, mit dem Gleitschirm von einem der umliegenden Berge zu starten und einen schönen Thermikflug mit Aussicht auf das Meer zu genießen. Im Buch 'Die schönsten Fluggebiete am Mittelmeer' ist Buggerru als eines der Fluggebiete auf Sardinien verzeichnet. Es soll mehrere Startplätze im Bereich des Berges 'Nanni Frau' auf ca. 500 Höhenmetern geben. Landen kann man am Strand. Mit dem nunmehr vollgetankten Roller mache ich mich auf den Weg, die Startplätze zu suchen. Die Krönung dieses Urlaubs wäre es, würde mir tatsächlich ein Flug über den verlassenen Minen von Buggerru gelingen. Die Strecke auf den Berg ist allerdings wirklich abenteuerlich und selbst mit dem Roller nur schwer befahrbar. Die Startplätze finde ich heute auch nicht, es wird auch langsam dunkel, deshalb breche ich die Suche ab.

Abendstimmung am Hafen und Strand von Buggerru 

Am Abend wollen wir mit den Kindern in die Ortschaft spazieren. Als ich von meinem Bergabenteuer zurück kehre, kommt mir Annemarie bereits auf dem Weg entgegen. Dass ich so lange unterwegs war, war mir gar nicht bewusst. Schnell fahre ich zum Wohnmobil, ziehe mich um und kehre zu meiner Familie zurück, die sich mittlerweile auf dem Dorfplatz befindet. Hier genießen wir, wie gestern auch, eine leckere Pizza.

Wird es tatsächlich möglich sein, hier zu fliegen? Ich bezweifle es inzwischen. Nicht nur, dass ich die Startplätze nicht gefunden habe. 'Vorsicht bei Südwind', steht in dem Buch. Abgesehen davon, dass der Wind im Augenblick zu stark ist, kommt er auch aus südlichen Richtungen. Heute wäre es ohnehin nicht möglich gewesen, zu fliegen. Aber selbst wenn die Bedingungen stimmen würden: wie käme ich auf den Berg? Meine ursprüngliche Idee, mit dem Roller und dem Schirm hinaufzufahren, den Roller abzustellen, zu fliegen und später mit dem Wohnmobil den Roller wieder zu holen, versagt hier aufgrund des unbefahrbaren Weges auf den Berg. 

Viele Flieger scheint dieser Ort noch nicht gesehen zu haben. Einheimische, die ich heute nach den Startplätzen befragte, waren ganz erstaunt ob der Tatsache, dass ihr Ort in einem Fliegerbuch erscheint.

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