Freitag, 13. April 2001

Heute morgen herrscht schon rege Betriebsamkeit auf dem Platz. Als wir das erste Mal aus dem Fenster schauen, ist die Hälfte der Wohnmobile bereits weg. Es ist 9:15 Uhr und Annemarie macht gemütlich das Frühstück. Komisch, ich dachte, die Italiener würden an der Pellegrino-Besichtigung teilnehmen. Innerhalb kürzester Zeit leer sich der Platz. Plötzlich sind wir, bis auf einige vereinzelte Mobile, alleine auf dem Platz. Ich beschließe, nachzuschauen, was los sei. Ein Mitglied vom Club Air Camp kommt auf mich zu und erklärt mir, um 9:30 fahre man gemeinsam zu dem Weingut. Es ist 9:25. Mist! Wir haben noch nicht einmal gefrühstückt, im Wohnmobil ist noch nichts verstaut und ver- oder entsorgt haben wir auch noch nicht. So wird es wohl nichts werden mit der Besichtigung. Schweren Herzens erkläre ich, dass wir noch nicht fertig sind. So war das also mit dem Bus. 

Bis wir endlich dann tatsächlich fertig sind. ist es bereits 11:15 Uhr. Da der Platz, so wie es aussieht, geräumt wird, sollten wir uns auch überlegen, ob wir weiter fahren. Annemarie hat heute Abend um 19:30 Uhr nochmals einen Spritzentermin mit Sarah im Krankenhaus von Marsala. Außerdem will der Arzt heute Abend entscheiden, ob Sarah weiterhin Penicillin nehmen muss. Nach einiger Diskussion hin und her beschließen wir, jetzt ins Krankenhaus zu fahren, um Sarah nochmals untersuchen zu lassen. Danach könnten wir nach Trapani weiter fahren und die Spritze heute Abend im dortigen Krankenhaus verabreichen lassen. Wenn die Glück haben, sind die ganzen Wohnmobile vom Club Air Camp heute Abend ebenfalls in Trapani. Ich glaube, in meinen Gesprächen mit den Clubmitgliedern, etwas derartiges gehört zu haben. 

So machen wir es auch. Ich quetsche unser Wohnmobil durch den dichten Verkehr zum Krankenhaus, Annemarie geht mit den Kindern hinein, während ich im Wohnmobil, das irgendwo am Straßenrand geparkt ist, warte.

Es dauert nur eine halbe Stunde, dann sind wir wieder beisammen. Wir zirkeln das Wohnmobil um den Stadtkern herum aus Marsala heraus. Am Meer entlang fahren wir langsam Richtung Trapani. Bei Mozia/Salinas sehen wir eine größere Wohnmobilansammlung. Wir erkennen einige, die in Marsala auf unserem Platz standen. 

Salinas liegt nur wenige Kilometer außerhalb Marsalas. Hier wird auf traditionelle Weise das Salz durch Verdunstung gewonnen. 

Typisch für die Salinen: Windmühlen und Verdunstungsbecken

Das gewonnene Salz wird mit Dachziegeln vor Regen geschützt

Als der Konvoi der italienischen Wohnmobile sich auf den Weg macht, fahren wir einfach hinterher. Annemarie hat in Erfahrung gebracht, dass die 35 Wohnmobile alle nach Trapani fahren. Zuvor halten sie noch bei einer Canina Soziale um Wein zu kosten und zu kaufen. Das kommt uns recht, denn unsere Weinverkostung vom Vormittag ist ja leider ins Wasser gefallen. Wir lassen eine unserer 1,5 Liter Wasserflaschen mit rotwein füllen und zahlen 2300 Lire dafür. Wein ist somit billiger als Benzin oder Diesel.

Als wir in Trapani ankommen, werden wir fast erschlagen von der Größe des Platzes von Air Camp. Es stehen schon viele Mobile auf dem Platz und ein Konvoi nach dem anderen trifft hier ein. 

Nachdem wir zu Mittag gegessen haben, fahre ich mit dem Motorroller in die Stadt um eine erste Besichtigung vorzunehmen. Weit komme ich nicht, denn es ist bereits eine Prozession im Gange, die direkt an der Piazza Garibaldi vorbei führt, wo ich den Motorroller geparkt habe. Ich quetsche mich in die Menge und schaue dem Umzug einige Zeit zu. 

Es scheint Vereinigungen, zum Beispiel Kirchengemeinden oder Konfirmationsjahrgänge zu geben, die jeweils eine Einheit im Umzug stellen. So eine Einheit besteht stets aus jungen Mädchen oder Jungs, die, meist eine Kerze tragend, links und rechts der Straße vorausschreiten. Die meisten machen nicht den Eindruck, als ob ihnen die Sache Spaß machen würde. Dazwischen, in der Straßenmitte laufen Fahnen- oder Reliquienträger.

Für die Ordnung scheinen etwas ältere Jungs oder Mädchen zuständig zu sein, die alle den Eindruck machen, sehr wichtig zu sein und die Kerzenträger gehörig gängeln. Lediglich einige kleinere Teilnehmer scheinen etwas Spaß bei der Sache zu haben.

Nach dieser Gruppe kommt stets eine schwere Sänfte, die, so macht es den Anschein, sehr schwer ist (ca. 1 Tonne) und von vielen Männern nach einem bestimmten Verfahren getragen wird. Die Sänften bestehen aus großen und reich geschmückten Figurendarstellungen aus dem Leiden Chisti. Man sieht den Männern an, dass die Schlepperei auch für sie nicht das reine Vergnügen ist.

Die Szenen auf den Sänften sind sehr eindrucksvoll:

Der Sänfte folgt stets eine Musikkapelle, die eine schaurig traurige Melodie spielt. Ich habe den Eindruck, alle Kapellen spielen das gleiche Stück. Es können auch zwei oder drei Musikstücke sein, aber alle klingen ähnlich dramatisch. 

Als die Prozession endet, habe ich mich bis zum Ausgangspunkt durchgeschlagen. Ich hätte auch keine Chance, der Menge zu entkommen, denn hier, bei der Chiesa Francesco d' Assisi, wo die Prozession beginnt, ist alles abgesperrt und es drängen sich große Menschenmassen. So bin ich froh, dass sich hinter der heiligen Madonna die Portale der Kirche schließen und die Menschenmenge sich auflöst. 

Ich kehre zum Wohnmobil zurück, wo ich meine Familie sehnsüchtig auf mich wartend wähne – weit gefehlt: sie sind auf dem nahegelegenen Lunapark. Ich komme gerade richtig um Karussell und Zuckerwatte zu bezahlen.

Am Abend kommen Helmut und Gertrud auf ein (oder zwei) Gläschen Wein zu uns. Sie standen in Marsala neben uns und hier haben wir sie wieder getroffen. Es wird ein gemütlicher und lustiger Abend, der erst am nächsten Morgen endet. 

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