Samstag, 4. August 2001

Leise ist es hier auf dem Rastplatz nicht gerade. Waren gestern Abend schon viele Wohnmobile und Wohnwagen hier, so ist heute morgen der ganze Platz voll. Man merkt deutlich, dass wir diesmal in der Hauptsaison unterwegs sind. Es regnet – nein, es gießt in Strömen.

Die Familie schläft noch, es ist 7:00 Uhr und ich schleiche mich leise aus dem Bett ins Führerhaus, um die restlichen 100km bis zur italienischen Grenze zurück zu legen. Man sieht teilweise keine 100 Meter weit, so stark regnet es. Um 8:10 erreichen wir den Rastplatz Colderio bei Chiasso. Hier bleiben wir stehen, um zu frühstücken. Die Familie ist mittlerweile auch wach.

Nachdem wir gefrühstückt haben, räumen wir auf und sind gerade fertig zum Weiterfahren, als Annemarie eine Wasserspur auffällt, die sich in der Küche über die Arbeitsplatte erstreckt und vorne auf den Boden tropft. Die undichte Stelle ist schnell gefunden. Das Wasser kommt nicht von außen, sondern vom Hebelmischer in der Küche. Der Wasserhahn ist undicht. Irgendwie dringt oben beim Hebel ein feiner Rinnsal hervor.

Mist! Ich habe alles mögliche an Reparaturmaterial dabei. Nur Sanitärdichtungen haben wir nicht im Sortiment. Wie bekommt man so einen Mischer überhaupt auseinander? Braucht man dazu Spezialwerkzeug? Zuerst schalten wir die Druckpumpe ab. Ich hantiere etwas an dem Mischer herum und stelle fest, dass man den oberen Teil abdrehen kann. Mit der Weiterfahrt ist es jedenfalls erst mal Essig. Ich setze mich an den Tisch und fange an, das Ding auseinander zu nehmen. Keine Ahnung, wie so ein Mischer funktioniert. Ob ich den je wieder zusammen bekomme? Wie kann so ein Teil überhaupt undicht werden? Schließlich habe ich einen Haufen Kleinteile vor mir liegen und beschließe: wir brauchen einen Klempner. Annemarie fragt in der Raststätte nach und erhält die Auskunft, es gäbe einen in Chiasso. Ich verpacke mein 3D-Puzzle in einer Kiste und wir machen uns auf den Weg.

Mittlerweile ist der Rest der Welt auch unterwegs nach Italien. Im Schritttempo geht es Richtung Grenze. Zu Fuß wären wir schneller in Chiasso. In der Stadt angekommen, stellen wir das Wohnmobil auf einen Parkplatz und Annemarie macht sich zu Fuß auf die Suche.

Währenddessen beginne ich wieder zu puzzeln. Langsam verstehe ich auch, wie das Teil funktioniert. Ich entdecke auch die Ursache dafür, dass der Wasserhahn undicht wurde: ein Kunststoffring ist eingerissen und dadurch ist der Mechanismus im inneren des Mischers auseinander gefallen. Ich baue alles wieder zusammen und sichere die gebrochene Stelle mit einem stabilen Klebeband. Es klappt nicht beim ersten aber schließlich beim dritten Anlauf: der Hahn hält und ist wieder dicht! Tja: dem Inschenjör ist nicht zu schwör! Annemarie, vergiss den Klempner, wir fahren weiter!

Um 11:10 stehen wir wieder auf der Autobahn. 'Stehen' deshalb, weil hier nichts geht. Wie die Lemminge stehen alle auf der linken Spur Richtung Grenze, während auf der freien rechten Spur die Lastzüge vorbei donnern. Im Frühjahr ist mir bereits aufgefallen, dass es an der Grenze eine separate Spur für Wohnmobile und Wohnwagengespanne gibt. Schließlich fasse ich mir ein Herz und fahre ebenfalls auf der rechten Spur an der Kolonne vorbei. Im Rückspiegel kann ich erkennen, dass einige der übrigen Lemminge nur einen Pfadfinder gebraucht haben, der ihnen den Weg zu Grenze weist: viele Wohnmobile tun es uns nach. Auf unserer freien Spur kommen wir an die Grenze, wo unsere Fahrspur tatsächlich für Wohnwagen gekennzeichnet ist und wir einfach durch gewunken werden. Überflüssig zu erwähnen, dass es immer noch aus Kübeln gießt.

Bei Milano tanken wir gegen 12:15 und legen eine Mittagspause ein. Auf der Weiterfahrt finden wir gegen 14:30 einen Parkplatz mit Kinderspielplatz und Wasserstelle. Wir Erwachsenen genießen einen Kaffee und die Kinder ihre momentane Freiheit. Ach ja: es regnet nicht mehr. Im Gegenteil: die Sonne brennt sengend vom blauen Himmel. Beim Verlassen der Berge haben wir auch das schlechte Wetter hinter uns gelassen.

So fahren wir den ganzen Tag. Zwischendurch stehen wir des Öfteren im Stau, einmal in der Gegend um Reggio Emilia, ein anderes Mal zwischen Rimini und Cattolica, dann nochmals vor Ancona. Hier stehen wir einige Zeit mit ausgeschaltetem Motor und vertreten uns die Beine auf der Autobahn, während die Feuerwehr einige hundert Meter vor uns ein brennendes Urlauberauto löscht.

Um 23:59 Uhr, also noch heute, finden wir unser Übernachtungsplätzchen am Meer bei Fano. Wir haben zu diesem Zweck die Autobahn verlassen und sofort einen Schlafplatz auf einem Parkplatz im Grünen unter Bäumen gefunden. Ich dusche noch schnell und schlafe schon, bevor ich mich richtig hingelegt habe.

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