Heute ist Hannas und ihrer Eltern ihr letzter Urlaubstag. Kurz vor Mitternacht legt ihre Fähre in Patras ab. Wir haben gestern abend beschlossen, gemeinsam mit ihnen aufzubrechen, da unsere Route uns auch über Patras führt.
Morgens, nach dem Frühstück geht es mit den Kindern noch mal ans Meer zum baden. Danach packen wir gemütlich zusammen, räumen das Wohnmobil auf und richten uns zur Weiterfahrt. Die Kinder spüren, daß wir heute hier wegfahren und sind quengeliger als sonst. Wir versuchen, Sarah zu erklären, daß Hanna nach Hause fahren muß, und daß wir sie dort bestimmt besuchen werden, aber Sarah ist damit nicht zufrieden. Wir erklären ihr, daß wir heute auf das kleine Schiff fahren, um Breidis zu treffen, aber auch das hilft nichts. Sie will einfach nur weiter mit Hanna, ihrer neuen Freundin spielen.
Aber noch ist der Zeitpunkt des Abschieds nicht gekommen, denn wir Eltern beschließen, gemeinsam essen zu gehen. Als wir fertig aufgeräumt haben, ist es 12:30 Uhr und wir tuckern gemeinsam zu unserer Souvlaki-Taverne. Hier hole ich immer unser Abendessen, wenn wir in Kalogia stehen. Nach dem Essen gibt es Eis und keines der Kinder denkt mehr an den nahen Abschied – zumal es auf dem Gelände der Taverne auch einen kleinen Spielplatz gibt.
Nach dem Essen, dem anschließenden Ausflug auf den Spielplatz und dem Raubzug der Frauen, die im benachbarten Hotel lachsfarbenen Oleander entdeckt haben, von dem sie Ableger mitnehmen möchten, machen wir uns gemeinsam auf den Weg nach Patras, wo es eine Gastankstelle geben soll, die auch deutsche Gasflaschen befüllt. Die Kinder schlafen hinten im Kinderzimmer. Wie sehr Fabian sein neues Wohnmobil liebt, sieht man daran, daß er es sogar im Schlaf festhält.
In Patras angekommen, lade ich den Roller ab, um zusammen mit Gerhard nach der Gastankstelle zu suchen. Die Frauen möchten mittlerweile im A+B Supermarkt, neben dem wir die Wohnmobile geparkt haben, zum Einkaufen gehen. Die Tankstelle finden wir sehr schnell, dank der perfekten Wegbeschreibung, die Gerhard im Kopf hat. Wir fahren zurück zum Supermarkt, an dem unsere Frauen schon auf uns warten. Es ist halb fünf und um vier Uhr haben die Märkte heute geschlossen. Letztes Jahr sind wir auch darauf hereingefallen. Wir haben nicht mehr daran gedacht, daß in Patras alle Supermärkte Mittwochs um 16 Uhr schließen.
Es gibt also nichts mehr zum Einkaufen. Auf dem Weg nach Patras haben wir jedoch einen Obst- und Gemüsestand gesehen und so werden wir von den Frauen gleich noch mal mit dem Roller los geschickt, um wenigstens frisches Obst für die Heimreisenden zu besorgen.
Als wir auch das zur Zufriedenheit der weiblichen Familienoberhäupter erledigt haben, machen wir uns im Konvoi auf den Weg zur Gastankstelle. Gerhard möchte seine Flasche füllen lassen, denn Gas kostet in Griechenland weniger als halb so viel als in Deutschland. Ich habe auch schon die zweite Flasche angefangen und den Warmwasserboiler vorsichtshalber abgeschaltet, um zu verhindern, daß uns das Gas am Ende des Urlaubs aus geht. Deshalb bin ich froh, daß ich die leere Flasche wieder füllen kann.
Im Nachhinein bin ich froh, denn exakt nach sechs Wochen, während der Heimreise wird auch die zweite Flasche leer sein. Dank der neu gefüllten Flasche werden wir aber mit kaltem Kühlschrank und warmem Wasser bis nach Hause kommen.
Die Tankstelle liegt etwas außerhalb des Zentrums und es gibt hier nur Gas und Diesel. Deshalb verirrt sich wohl selten jemand hierher. Nachdem wir beide unsere Flaschen um 3000 Drachmen gefüllt bekommen haben, fragen wir noch nach Wasser. Der Tankwart, ist sehr freundlich und gibt uns zu verstehen, daß das man das Wasser trinken kann, indem er selber einen Schluck aus dem Schlauch nimmt. Mit Fabians Hilfe fülle ich unseren Frischwassertank. Auch Gerhard ergänzt seine Wasservorräte.
Während wir Männer beschäftigt sind, bringt der Tankwart erst Früchte, eine Kreuzung aus Kirschen und Pflaumen für die Kinder. Kurze Zeit später bietet er uns zuckerüberzogene Mandeln an. Er spricht kein Wort, die ganze Verständigung läuft über Gebärden, aber der Mann ist rührend freundlich. Als Gerhard ihm ein Trinkgeld zustecken möchte, lehnt er ab.
Für uns ist nun der Zeitpunkt des Abschieds gekommen. Die Adressen haben wir bereits getauscht. Auch haben wir fest vereinbart, daß man sich nach dem Urlaub treffen wird.
Unsere Fahrtroute führt uns Richtung Rio, der nächsten Ortschaft nach Patras. Von dort pendeln die Fähren zwischen dem Festland und dem Peloponnes. Hanna und ihre Eltern müssen in den Hafen, um auf ihr Schiff nach Deutschland zu warten. Als wir vom Hof der Tankstelle fahren möchten, warnt uns der Tankwart in einer drolligen Mischung von Englisch, Griechisch und Gebärdensprache vor den vielen Zigeunern, die es in der Umgebung der Tankstelle gibt. Anscheinend rauben die die Touristen aus, wenn die Türen der Fahrzeuge nicht abgeschlossen sind. Wir danken ihm nochmals und drücken die Knöpfe der Türverriegelung nach unten. Annemarie meint im Wegfahren, daß es fast schade ist, daß unser Urlaub noch nicht zu Ende ist. Zu gerne wäre sie mit unseren neuen Freunden auf das Schiff und nach Hause gefahren. Aber die letzten zwei Wochen unserer diesjährigen Tour brechen erst an und wir treffen demnächst andere Freunde, die Breidis. Wir machen uns auf den Weg nach Rio.
Dort angekommen, finden wir mehrere Fähren nebeneinander am Kai liegen. Diese Schiffe pendeln ständig zwischen dem Peloponnes und dem Festland und scheinen in Konkurrenz zueinander zu fahren. Gemeinsam werden die Fähren einen ähnliches Transportvolumen erreichen, wie eine Brücke.
(Anmerkung: Obwohl der Peloponnes faktisch auch zum griechischen Festland gehört, wurde er durch den Kanal von Korinth eigentlich zur Insel. Der besseren Unterscheidung halber, drücke ich das durch meine Formulierung auch so aus).
Wir fahren noch etwas unentschlossen auf eine der Fähren zu, als man uns direkt an Bord winkt. 2200 Drachmen kostet die Überfahrt für das Wohnmobil, zusätzlich noch je 120 Drachmen für uns beiden Erwachsenen. Die Kassierer kommen auf der Fähre zum Auto um zu kassieren.
15 Minuten, nachdem wir auf das Schiff gefahren sind, befinden wir uns schon am anderen Ufer. Beim Verlassen der Fähre setzt unser Motorradträger auf und wir halten den Verkehr einige Minuten auf. Im Hafen von Antirio kaufen wir eine gesamtgriechische Karte und machen uns damit auf den Weg. Eigentlich möchte ich gerne Delphi besuchen, aber als wir an einem Wegweiser 'Delphi 120 Kilometer' vorbeifahren, habe ich keine Lust mehr auf diesen Umweg. Hin und zurück wären das 240 Kilometer – zuviel Fahrerei, finde ich.
Statt dessen fahren wir Richtung Westen, immer an der Küste lang. Die Straße windet sich ins Landesinnere, entlang einem riesigen versandetem Flußbett.
Sie umrundet einen riesigen Felsenberg. Nach diesem Berg führt eine kleinere Straße nach links zu einer Ortschaft namens Krioneri, was man mit etwas Phantasie als 'kaltes Wasser' übersetzen könnte. Wie treffend diese Übersetzung ist, finden wir heraus, als wir einen schönen Stellplatz am Rande des Flachlandes und der Ortschaft, direkt neben einer hundert Meter hohen, senkrechten Felswand finden. Es gibt hier jede Menge Frischwasserquellen, die alle direkt ins Meer fließen.
Nachdem wir das Wohnmobil abgestellt haben geht Annemarie mit den Kindern an den Strand der Ortschaft. Hier gibt es Süßwasserduschen und unsere Kleinen planschen nach Herzenslust.
Ich habe nicht vor, mich hier im Morast unter der Dusche abzuspülen, denn direkt neben unserem Wohnmobil gibt es einen Süßwassersee, in den ich hinein hüpfen möchte.
Das Wasser ist eiseiseiskalt. Ich bekomme fast einen Kälteschock, als ich in das Wasser steige. Einmal untertauchen muß genügen, um das Salz auf meiner Haut abzuwaschen. Annemarie steht oben auf der Brücke und macht sich über mich lustig. Als ich sie dazu animieren möchte, doch selbst einmal hineinzusteigen, weigert sie sich jedoch standhaft. Solche Kritiker sind mir die Liebsten!
Als ich aus dem Eiswasser steige, fühle ich mich großartig. Es ist verwunderlich, wie angenehm eiskaltes Wasser auf den Körper wirkt. Lange darf man wahrscheinlich nicht darin bleiben, denn sonst kühlt der Körper zu stark ab.
Unser heutiger Übernachtungsplatz hat eine gewisse Romantik. Wir stehen am Wasser, fast direkt unter einer ca. 100 Meter hohen Felswand. Um uns herum laufen eiskalte Süßwasserquellen ins Meer, es ist einfach schön hier. Vielleicht bleiben wir auch morgen noch ein Weilchen hier …
Für heute ist es jedenfalls genug. Wir bringen die Kinder ins Bett und verschwinden bald darauf selbst im Alkoven. Im Hintergrund rauscht das Wasser des Süßwasserbächleins auf seinem Weg zum Meer…