Um 8:00 Uhr bin ich aus dem Bett. Annemarie kocht noch schnell einen Kaffee, aber dafür habe ich schon keine Zeit mehr. Kurz nach halb neun bin ich schon auf dem Weg zu eXtreme. Es geht auch bald darauf los. Die Piloten treffen ein, ziehen ihre Springerstiefel an, laden die Gleitschirme auf ihre Schultern und machen sich auf den Weg zu ihrem Jeep. Man gibt mir ein Zeichen, zu folgen.
Der Jeep – eigentlich kein Jeep, sondern ein geländegängiger Klein-LKW aus dem Hause Chrysler mit Spezialaufbau, hat auf dem Dach eine Ladefläche für die Gleitschirme und hinten auf der Pritsche zwei Sitzbänke. Wir nehmen hinten Platz und los geht die Fahrt. Im Nachbarort nehmen wir noch zwei englische Passagiere auf, dann geht es eine dreiviertel Stunde lang holperig über Stock und Stein den Berg hinauf.
Am Gipfel sehe ich eine große weiße Wolke sich aufbauen, aber meine Gleitschirmprofis scheint das nicht zu beeindrucken. Wir sind nicht die ersten oben. Der Lastwagen einer anderen Gleitschirmtruppe ist schon hier und einige Schirme sind schon ausgelegt. Ich bereite mich auch auf den Start vor. Ich hänge mich ein und warte. Der Wind ist nicht optimal. Er ist, wenn überhaupt vorhanden, recht böig und kommt mal von vorne, mal von hinten.
Der Schirm vor mir startet. Der nächste bin ich. Ich warte einige Minuten, bis der Wind einigermaßen stimmt. Ich ziehe auf, der Schirm kommt gut hoch, ich laufe und laufe, aber der Schirm trägt nicht. Plötzlich bricht der Schirm zusammen. Hinter mir schon Rufe: "Stop!" Startabbruch. Ich habe eine Windböe von hinten abbekommen. Einige Piloten helfen mir, den Gleitschirm wieder den Berg hinauf zu bringen.
Der nächste Tandemschirm startet – auch Startabbruch. Jetzt ziehen die Wolken ganz zu. Wir warten und warten. Irgendwann kommt Bewegung in die Wartenden. Selim teilt mir mit, dass man in die nahe gelegene Bergstation hinauf gehen wolle, um einen Çay (türkischer Schwarztee) zu trinken.
Ich packe meinen Schirm ein, werfe ihn auf den LKW und mache mich auf den Weg hinauf zur Bergstation. Die anderen Gruppen kommen ebenfalls hinauf zur Bergstation.
Oben gibt es ein Happening, wie es nur Flieger kennen, die schon einmal auf einem Berg auf bessere Startbedingungen gewartet haben. Man bestellt etwas zu essen und alle löffeln aus einem Topf. Jemand bringt ein Tablett voll Çay und alle greifen zu. Selbst wenn es mit dem Start heute nichts mehr wird, es war trotzdem ein Erlebnis.
Einige Stunden später geben wir auf. Der Himmel zieht immer mehr zu und es sieht nicht so aus, als würde es noch einmal aufreißen. Und so holpern wir wieder den Berg hinunter. Heute Abend um 17:00 Uhr wolle man es nochmals versuchen, teilt Selim mir mit.
Ich fahre zurück zum Wohnmobil. Als erstes muss ich mich ins Meer stürzen. Die kleine Rasselbande nehme ich mit. Es hat etwas besonderes, von 2.000 Metern herunter zu kommen, und direkt ins Meer springen zu können.
Danach gibt es etwas zu essen. Kaiserschmarrn hat Annemarie fast fertig. Schmeckt lecker, wenn man direkt vom Berg kommt. Nach dem Essen geht es wieder ins Meer. Wir vertrödeln den Nachmittag am Meer. Um 17:00 ist der Berg immer noch in den Wolken. Mit Sicherheit sagt eXtreme auch den 17 Uhr Flug ab.
Am Abend fahre ich zusammen mit Sarah auf dem Motorroller nochmals zu eXtreme. Ich möchte wissen, ob sie noch einmal oben waren. Sie waren nicht – wie ich vermutet habe. Selim überredet mich, mein blaues Flieger T-Shirt (Fly now, work later) gegen zwei gelbe von eXtreme einzutauschen. Ich willige ein und wir vollziehen den Trikotwechsel. Morgen früh geht es um 8:30 Uhr los, teilt er mir noch mit, bevor wir wieder gehen.
Beim Wohnmobil angekommen, gibt es Abendessen – heute zur 'Abwechslung' einmal Köfte. Den Abend verbringen wir, wie immer, vor dem Wohnmobil. Ich trinke ein Bier, schreibe am Bericht für den heutigen Tag und höre mit einem Ohr Annemaries Schilderungen der verschiedenen Familiensituationen auf unserem Campingplatz zu. Sie ist schon wieder voll im Bilde.