Heute morgen tagt der Familienrat während des Frühstücks. Annemarie hat es satt, auf die Kinder aufpassen zu müssen, wenn ich stundenlang in der Luft bin. Mitnehmen kann ich die Kinder auch nicht. Wir beschließen daher, heute weiter zu fahren. Ich habe auch nichts dagegen. Über eine Woche waren wir jetzt hier, länger als wir eigentlich vor hatten. Mit meinen vier Flügen bin ich auch sehr zufrieden. Mein gestriger 3 Stundenflug ist kaum noch zu toppen. Einen Fotoapparat bräuchte ich auch nicht mehr mit in die Luft zu nehmen. Was es von oben zu fotografieren gibt, habe ich bereits fotografiert.
Also packen wir zusammen. Wir sind recht schnell fertig. Die Kinder dürfen nochmals ins Wasser. Um 11:00 Uhr fahre ich mit dem Roller nach Ölüdeniz, um meine Verabredung auf dem Berg abzusagen, mich von den Leuten von eXtreme zu verabschieden und im Internetcafé meine Mail zu checken. Es ist immer noch keine Antwort auf meine Mail vom Freitag eingegangen.
Nachdem wir uns auch von allen Freunden auf dem Campingplatz verabschiedet haben, brechen wir auf. Unsere größte Sorge gilt der Steigung von Ölüdeniz nach Hisarönü. Wenn sich uns hier ein Hindernis in den Weg stellt und wir stehen bleiben müssen, dann kommen wir nicht mehr weg. Aber es klappt problemlos. Oben angekommen, bunkern wir bei der Tankstelle Wasser und fahren dann nach Fethiye weiter. Hier soll es eine Yamaha-Werkstatt geben. Bei meinem Sturz am Freitag, ist der Bremshebel der Hinterradbremse meines Rollers gebrochen. Den hätte ich gerne repariert. Man kann ja mal fragen…
Wir finden die Werkstatt, eigentlich nur eine Doppelgarage, in der an einigen Motorrollern herum gebastelt wird. Ich zeige den Schaden am aufgeladenen Roller und man hilft mir, den Roller abzuladen. Sofort beginnen mehrere Mechaniker, die vordere Verkleidung abzumontieren. Einer der Mechaniker fährt mit dem ausgebauten Bremshebel weg – wahrscheinlich, um das Ersatzteil zu besorgen.
Wir bekommen zwei Gläser Ayran in die Hand gedrückt. Das ist ein salzig schmeckendes Joghurtgetränk, dass wir dankend annehmen und der Höflichkeit halber auch trinken. Unseren Geschmack trifft das Zeug allerdings nicht. Mich erinnert es an das Elektrolytgetränk, das Annemarie mir verabreicht hat, als ich Durchfall hatte. Bald darauf kommt der Mechaniker tatsächlich mit dem passenden Bremsgriff zurück und baut den Roller wieder zusammen. Danach retuschiert er mit Schmirgelpapier die restlichen Spuren meines Sturzes und hilft mir, den Roller wieder auf die Rampe zu stellen. Für die Reparatur habe ich 20.000.000 Lire zu bezahlen. Ich bin so dankbar, dass ich ihm 22 Millionen gebe.
Wir verlassen Fethiye in Richtung Antalya. Wir möchten nach Saklikent. Dort soll ein sehenswerter Canyon sein. Unterwegs kommen wir an einem Reifendienst vorbei. Mit fällt unser platter Reifen ein. Wenn wir ohnehin gerade am reparieren sind… Wir halten an.
Während der Reifen repariert wird – ein langer Nagel steckt in der Lauffläche, werden wir zum Çay eingeladen. Man stellt uns die Familie vor und wir haben große Probleme, uns wieder zu verabschieden. 5 Millionen kostet die Reparatur. Zum Abschied gibt es ein Gruppenbild mit Familie und wir versprechen, das Foto zu schicken, wenn wir zu Hause sind.
Die türkische Gastfreundschaft ist für uns Deutsche schon fast beschämend. Wir wissen überhaupt nicht richtig, wie man ihr möglichst freundlich begegnet. Wir versuchen unser Bestes. Ich hoffe, dass wir alles richtig machen und unsere Gastgeber nicht beschämen.
Wir fahren weiter Richtung Saklikent und müssen auf ein kleines Sträßchen abzweigen. Hier gibt es viele kleine Restaurants überall winken die Menschen und versuchen die vorbeifahrenden Autos zum Einkehren zu bewegen. Kinder stehen auf der Straße und halten Obst in die Höhe. Wir winken und fahren weiter. Eigentlich suchen wir aber etwas zu essen und einen Platz zum Übernachten. Und so bleiben wir irgendwann an einem kleinen Restaurant stehen. Bevor wir zum Essen gehen, fragen wir, ob wir hier über Nacht stehen bleiben können. Natürlich dürften wir das! Freundlich bietet man uns das Haus zum Übernachten an, was wir freundlich ablehnen, denn wir haben ja unser Haus dabei.
Zum Essen sitzt man hier nicht auf einem Stuhl, sondern man liegt auf weichen Teppichen an niedrigen Tischen. Es ist sehr gemütlich. Allerdings sind die Kinder kaum am Tisch zu halten. Wir essen gut, reichlich und preiswert. Als es dunkel wird, ziehen wir uns ins Wohnmobil zurück. Es dauert lange, bis die Kleinen heute schlafen. Annemarie führt das darauf zurück, dass sie heute so viel erlebt haben.
Besonders Sarah zeichnet sich durch ein lang anhaltendes Heulkonzert aus. Ich glaube eher, dass Sarah erwartet, wieder aus dem Bett geholt zu werden, so wie Annemarie es gestern Abend praktiziert hat. Nachdem ich nämlich weg war, durfte die Kleine mit der Mama bis Ultimo vor dem Wohnmobil sitzen. Heute ist der böse Papa wieder da, und das geht das nicht.
Nachdem Sarah dann aber doch endlich schläft, setzen Annemarie und ich uns noch einmal zu unseren Gastgebern, trinken einen Apfeltee und unterhalten uns so gut es geht. Lediglich der Vater der Wirtsfamilie kann einige Brocken englisch. Wir lernen einige Wörter türkisch, indem er uns erst das englische, dann das türkische Wort sagt. Es ist fast Mitternacht, als wir uns verabschieden, um zu Bett zu gehen.