Sonntag, 24. September 2000

Heute morgen beschließen wir, weiterzufahren. Wir sind nicht die einzigen, die zusammenpacken. Bis auf ein paar vereinzelte Wohnmobile, leert sich der Platz im Laufe des Vormittags. Als wir fertig sind und uns verabschiedet haben, machen wir uns auf den Weg nach Arbus. Diesmal wählen wir den kürzeren Weg, den ich mit dem Roller genommen hatte, als ich einkaufen war. Diese Strecke ist nicht so spektakulär, wie diejenige, die wir auf dem Weg nach Piscinas nehmen mussten. Es gibt nur eine Unklarheit auf der Strecke: eine Unterführung ist laut Beschilderung 3,4 Meter breit und 2,6 Meter hoch. Ich habe aber bereits zwei Tage zuvor geschätzt, dass dies nicht stimmen kann. Irgend ein Scherzbold hat 'Breite' und 'Höhe' verwechselt. Langsam tasten wir uns hindurch. 

Passt doch!

Unser nächstes Ziel ist die Giara. Dieses großartige Naturschutzgebiet liegt auf einem Hochplateau bei Barumini und darf mit Motorfahrzeugen nicht befahren werden. Hier gibt es eine der letzten Wildpferdherden Europas. Unser Reiseführer beschreibt einen schönen Stellplatz oberhalb von Gesturi, der über eine asphaltierte Straße erreichbar sein soll. 

Bereits in Setzu finden wir eine Schotterpiste, die zum Parco della Giara ausgeschildert ist. Wir folgen ihr einige hundert Meter, dann stellen wir das Wohnmobil ab und ich erkunde den weiteren Weg mit dem Motorroller. Der Weg wird zunehmend schlechter und endet irgendwann bei einer Treppe, die auf die Hochebene hinauf führt. Nichts für unser Wohnmobil. Ich mache mich auf den Rückweg. Plötzlich traue ich meinen Augen nicht: ein Gleitschirm am Himmel!

Kaum zu erkennen: Ein Gleitschirm über der Giara

Erst versuche ich den Startplatz zu finden, sehe aber nach wenigen Metern ein, das dies sinnlos ist. Ich muss beobachten, wo er landet und dann mit dem Pilot sprechen. Allerdings gewinnt der Schirm stetig an Höhe. An eine Landung ist in der nächsten zeit wohl nicht zu denken. Vielleicht ist der Pilot auch 'auf Strecke'. Ich kehre zum Wohnmobil zurück und berichte Annemarie von meiner Entdeckung. Die macht sofort das einzig richtige, denn sie schaut in dem Buch nach und siehe: die Giara ist ein ausgewiesenes Fluggebiet. Dass ich nicht selbst nachgesehen habe! Eigentlich sind wir wegen dem Naturpark hier. Ein Flug über dem Park wäre aber das Tüpfelchen auf dem 'i'.

Im Buch ist als Landeplatz Gesturi angegeben. Nach dem Essen, das Annemarie in der Zwischenzeit zubereitet hat, fahren wir die restlichen Kilometer nach Gesturi. Unterwegs können wir bis zu sechs Schirme in der Luft ausmachen. In Gesturi finden wir allerdings niemand. Inzwischen ist auch die Gewitterfront, die man schon seit einiger Zeit sehen konnte, herangezogen, also müssen alle Piloten bereits gelandet sein. Es regnet einige Tropfen. Wir fahren hinauf zu dem Parkplatz am Rande des Naturschutzgebietes. 

Blick hinab nach Gesturi

Hier oben kann man Mountainbikes oder Pferde mieten, um einen Ausflug in die Giara zu machen. Allerdings beginnt es schon wieder zu regnen und wir ziehen uns schnell in unsere mobile Ferienwohnung zurück.

Technisch interessiertes Fohlen

Annemarie fragt den Inhaber der Fahrradvermietung nach dem Startplatz für Gleitschirme. Der kennt sich bestens aus: heute sei der Wind nichts für Gesturi. Diejenigen, die geflogen sind, seien von Tuili aus gestartet. Wir fahren nach Tuili. Dort gibt es ebenfalls einen Parkplatz mit Fahrradvermietung, auf dem wir das Wohnmobil abstellen und die Gegend erkunden. Gleitschirmpiloten treffen wir jedoch auch hier zunächst keine.

Sarah auf der Suche nach Zwergen und Trollen

Während die Kinder und Annemarie noch im Wald herumpirschen, gehe ich zurück zum Wohnmobil. Dabei beobachte ich einen jungen Mann, der mit seinem Mountainbike aus dem Wald auf den Parkplatz prescht und das Rad anschließend in seinem Auto verstaut. Annemarie kommt just in diesem Augenblick ebenfalls auf den Parkplatz, sieht, dass der junge Mann, übrigens ein Sarde, einen Gleitschirm im Kofferraum liegen hat und spricht ihn an. 

So stellt sich heraus, dass er auch Flieger ist. Ich begrüße ihn ebenfalls und er fragt mich, ob ich jetzt Lust hätte, zu fliegen. Er zeige mir den Startplatz. Natürlich habe ich Lust. 

Man startet etwa hundert Meter vom Parkplatz entfernt aus einem steilen Stück Wiese direkt oberhalb der Strasse. Ein Stock mit einigen Bändern dient als Windfahne. Gelandet wird normalerweise wieder hier oben, direkt auf der Straße. Mein Gegenüber ist ganz erstaunt ob meiner Frage, wie er denn zu seinem Auto zurück käme. Normalerweise würde hier immer Topgelandet. Wenn einmal nichts geht, dann müsse man halt wieder hoch laufen. Angesichts des leichten Gurtzeugs des Sarden scheint das auch kein allzu großes Problem zu sein. 

Leider wird es heute jedoch nichts mehr. Es ist schon zu spät und nach zwei Startabbrüchen gibt mein neuer Fliegerfreund auf. Bevor er sich verabschiedet, zeigt er mir noch einige Fluggebiete auf der Karte. Es gibt in Sardinien viele Gegenden, an denen geflogen wird. An einigen der Orte waren wir bereits, ohne zu ahnen, das man hier auch fliegen kann. Wir verabschieden uns voneinander, nicht ohne Adressen auszutauschen und zu versprechen, uns zu melden, wenn er nach Deutschland, oder ich wieder einmal nach Sardinien komme. 

Wir fahren den Berg wieder hinunter, holen uns in der einzigen Pizzeria von Tuili unser Abendessen und stellen uns in ein Neubaugebiet, um zu übernachten.

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