Montag, 25. September 2000

Am frühen Morgen beginnt es zu regnen. Das darf doch nicht wahr sein? Sollte mein für heute geplanter Flug über die Giara vom Regen vereitelt werden?

Wir stehen spät auf. Bis Annemarie endlich den Weg aus dem Bett findet, ist es bereits 9:00 Uhr. Bis wir gefrühstückt haben, ist es 10:30 Uhr. Jetzt müssen wir noch einkaufen: 11:30 Uhr. Der halbe Tag ist vorbei, und es ist noch nichts passiert – außer dass sich die Wolken verzogen haben und die Sonne wieder lacht. Vielleicht wird es heute doch noch etwas? Die beste Zeit zum Fliegen sei zwischen 15:00 und 16:00 Uhr, meinte mein italienischer Fliegerfreund gestern.

Mit unseren Einkäufen machen wir uns wieder auf den Weg hinauf zum Parkplatz, am Rande des Naturparks. Wenige Meter, bevor wir den Parkplatz erreichen, passieren wir den Startplatz. Die als Windfahne fungierenden Bänder zeigen jedoch: der Wind kommt genau von der Seite. Mist! Mal sehen, ob es nur kurze Zeit so ist, oder ob der Wind heute so bleibt. Wir stellen das Wohnmobil ab und ich schaue ins Tal auf der Suche nach einer Rauchfahne, die mir die Windrichtung anzeigt. 

Ich finde eine: genau zwischen Tuili und Barumini brennt ein Feuer und der Qualm zieht kerzengerade Richtung Barumini. Eigentlich sollte er aber in unsere Richtung kommen. Schade! Ich beschließe, ein wenig zu warten und mittlerweile mit Annemarie und den Kindern in den Naturpark zu gehen. 

Ein Blick ins Tal: die Rauchfahne zeigt die Windrichtung an

Bewaffnet mit Kamera und Fotoapparat streifen wir durch die herrlich verwitterte und naturbelassene Hochebene der Giara, immer auf der Suche nach den Wildpferden, die es hier oben geben soll. Das einzige, das wir aber zu sehen bekommen, sind Eidechsen. Und auch die machen sich rar, weil die kleinen Plappermäuler den Mund nicht halten können und auf jede Eidechse sofort losgehen, um sie aus der Nähe zu betrachten. 

Unberührter Wald der Giara

Aus diesem Grund setze ich mich nach einiger Zeit ab – so weit, dass ich die Kleinen nicht mehr hören kann. Nun kann ich die Stille, die hier oben herrscht, so richtig genießen. Wobei die Stille eigentlich eher ziemlich laut ist. Der Wind hat nämlich aufgefrischt und pfeift nun gehörig im Geäst der alten Eichen. Plötzlich wiehert es in meiner Nähe. Die Pferde scheinen nicht weit entfernt zu sein. Leise schleiche ich mich in die Richtung, aus der das Geräusch kam. Tatsächlich sehe ich bald drei schwarze Pferde. Eigentlich nichts besonderes, aber diese drei sollen Wildpferde sein – nun gut. Es gelingt mir, mit der Videokamera einige Aufnahmen zu erhaschen, bevor die drei mich bemerken und davon galoppieren. Für ein Foto hat es leider nicht gereicht.

Die wilden Pferde müssen von den Menschen mit Trinkwasser versorgt werden

Mein sardischer Fliegerfreund erzählte mir gestern, dass es hier oben kein Wasser gäbe und dass die Tiere mit Trinkwasser versogt würden. Tatsächlich finde ich die Trinkwasserbecken und auch die zugehörigen Traktorspuren. Aber obwohl ich mich auf die Lauer lege: die Pferde bekomme ich nicht mehr zu Gesicht.

Allmählich wird es aber doch Zeit, zu fliegen. Zumindest will ich noch einmal vom Startplatz aus die Bedingungen checken. Ich marschiere mit Ausrüstung hinab zum Startplatz – und eine halbe Stunde später wieder zurück. Heute wird das nichts mehr. Der Wind kommt stetig von der Seite und selbst, wenn er von vorne käme, wäre er zu stark, bzw. zu böig. Als sich schließlich auch noch eine Gewitterfront nähert, beschließen wir, nicht mehr zu warten, sondern aufzubrechen. Ich habe halt wieder einmal Pech gehabt.

Die Strecke, die wir heute noch zurücklegen, führt uns über Barúmini und Serri, quer durch die Barbagia, teilweise auf der gleichen Straße, die wir auch im Frühjahr schon befahren haben. Allerdings nahmen wir damals die Richtung Laconi, Aritzo und Tonara. Diesmal wählen wir die abenteuerlich kurvige Route über Seui und Lanussei zurück an die Ostküste. 

Dieses Tal war im Frühjahr ein See…

Kurz nach Seui zweigen wir aber kurzentschlossen von der großen SS198 ab und wählen ein kleines Sträßchen, das mitten durch das Naturschutzgebiet Gennargentu führt. In endlosen Kurven, einem Riesenslalom gleich, schnurrt unser Wohnmobil durch eine endlos scheinende Bergwelt. Langsam geht die Sonne unter und als die Dämmerung einsetzt, stellen wir unser Wohnmobil am Rande des Lago Alto del Flumendosa ab.

In den bergen findet man viele Quellen. Wir versorgen uns mit frischem Trinkwasser

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