Sonntag, 6. August 2006

Um 7:30 Uhr weckt mich Annemarie. An liebsten würde ich mich noch einmal umdrehen, aber es hilft nichts: ich muss aufstehen. Die Kinder lassen wir, gut gesichert, schlafen, während wir die 10 Kilometer zum Hafen zurück rollen. Auf dem Anlegesteg ist schon jede Menge Betrieb. Ein Einweiser reiht uns in die Kolonnen bereits wartender Pkws und Wohnmobile ein. Dass wir, im Gegensatz zu den meisten anderen, die hier warten, noch kein Ticket haben, interessiert ihn nicht. Falls wir keinen Platz auf der heutigen Fähre bekommen, werden wir trotzdem hier warten müssen, bis die Verladung beginnt. Da um unser Wohnmobil herum andere Fahrzeuge stehen, ist ein vorzeitiges Wegfahren unmöglich.

Inmitten wartender Fahrzeuge…

Zwei Fähren verlassen heute Venedig in Richtung Griechenland: die Pasiphae Palace der Minoan Lines und eine Fähre der Anek Lines. Annemarie reiht sich in die bereits lange Menschenschlange vor dem Schalter der Minoan Lines ein, während ich mein Glück bei Anek Lines versuche. Hier ist die Schlange kürzer, und so bekomme ich die entmutigende Auskunft recht bald: „Sorry. we are full." In der Erwartung, dass es uns bei Minoan nicht besser ergehen wird, geselle ich mich zur wartenden Annemarie. Wir schmieden Pläne, wie unser Urlaub weiter verlaufen wird, wenn wir heute keine Überfahrt bekommen. Wir könnten in Venedig bleiben und ein Platz auf der morgigen Fähre buchen. Wir könnten auch nach Ancona weiterfahren und unser Glück dort versuchen. Oder wir nehmen eine Tour in Angriff, über die wir in den letzten Tagen hin und wieder diskutiert haben: die Küstenstraße durch Istrien, Kroatien und Mazedonien. Dagegen spricht allerdings, dass wir keinerlei Informationen zu dieser Strecke haben und dass wir mindestens noch eine Woche auf Achse wären, bevor wir Griechenland erreichen würden.

Rund eine Stunde müssen wir warten, bis wir endlich soweit vorgerückt sind, dass wir unser Anliegen vorbringen können: „ We need a Ticket to Patras with Camping on Board". Die Dame hinter der Glaswand nimmt unsere Papiere entgegen und fängt an, auf ihrem Computer zu tippen. Kein Kopfschütteln, kein „Sorry". Innerhalb weniger Minuten halten wir Hin- und Rückfahrtickets in den Händen. Es hat also mal wieder geklappt! Wir freuen uns sehr und eilen zurück zum Wohnmobil, um den Kindern von unserem Glück zu berichten. Um 14:00 Uhr wird die Pasiphae Palace auslaufen und wir haben eine Luxuskabine mit eigenem Kühlschrank an Bord!

Die Kinder haben ganz andere Sorgen. Sie kämpfen sich durch ein Pokemon-Spiel und haben im Augenblick nur ein Thema: wie bekämpft man welches Pokemon? Das ist ein Thema, bei dem wir Eltern überhaupt nicht mitreden können.

Jetzt können wir erst einmal gemütlich frühstücken. Danach sehen Sarah und ich uns etwas im Hafen um und bewundern das geschäftige Treiben, dass hier herrscht. Überall wird geflucht, gerufen und geschimpft. Der große Platz zwischen den Fähren ist voll gestopft mit Pkws, LKWs, Wohnmobilen und Wohnwagen. Da bei der Platzzuweisung keine Rücksicht darauf genommen wurde, wer wohin mit welchem Schiff fahren möchte, herrscht beim Auflösen dieses Knotens ein ziemliches Chaos. Auch wir stehen strategisch ungünstig irgendwo in der Mitte. Als mit der Verladung der Wohnmobile, die mit Minoan Lines nach Patras gebucht haben, begonnen wird, stehen wir inmitten von Pkws, die nach lgoumenitsa wollen. Also beginnt Annemarie damit, die Pkws aus der Lücke auszuweisen, damit wir uns vorbei quetschen können. Um 11:00 Uhr stehen wir auf dem Campingdeck. Diesmal haben wir nicht das große Glück, eine Außenluke zu erwischen, aber man kann nicht alles haben. Nachdem wir an das Stromnetz angeschlossen sind, gehe ich duschen. Das ist eine der Erfahrungen, die wir in den letzten Jahren gemacht haben. Die Duschen sind nur am Anfang sauber.

Unser Platz an Bord

Danach machen wir es uns im Wohnmobil gemütlich. Ich muss als nächstes versuchen, den Kopf frei zu bekommen. Ich habe immer noch den beruflichen Stress im Nacken. Die Emails, die ich in den letzten Tagen zu beruflichen Dingen erhalten habe, machen mir das Abschalten auch nicht leichter. Mal sehen, wie lange ich diesmal brauche, um die Gedanken und Sorgen, die sich um die Arbeit drehen, aus dem Kopf zu bekommen. Es hat auch Nachteile, wenn man überall erreichbar ist. Andererseits ist man immer in der Lage, steuernd einzugreifen, wenn etwas aus dem Ruder läuft. Egal wo man sich befindet. Und das macht Urlaube, wie wir sie machen, überhaupt erst möglich.

So kann man es aushalten!

Kurz nach 14:00 Uhr legt das Schiff ab. Sarah und ich sind auf dem Oberdeck, um die Fahrt durch Venedig zu genießen. Fabian darf nicht nach oben, weil das Schiff stark klimatisiert und er ohnehin schon erkältet ist. Heute morgen hatte er auch leichtes Fieber.

Wir laufen aus

Die Fahrt durch Venedig ist immer wieder ein Erlebnis.

Blick auf den Markusplatz

In Relation zu den riesigen Schiffen wirken die Häuser der Stadt klein.

Die Pools sind noch nicht gefüllt

Nachdem das Schiff die Stadt verlassen hat, erhöht es die Geschwindigkeit.

Jetzt haben wir knapp 24 Stunden Zeit. Morgen Nachmittag werden wir in Patras eintreffen. Wann ich diese Seiten wieder aktualisieren kann, weiß ich nicht. Der Handyempfang wird immer schlechter. Es ist möglich, dass ich diese Seiten erst morgen oder übermorgen hoch laden kann.

Nachdem Fabian gerade seine Erkältung auskurieren muss, ist es besser, wenn er im Wohnmobil bleibt und nicht auf dem klimatisierten Schiff herum rennt. Deshalb geht Annemarie am Nachmittag nur mit Sarah an den Pool. Fabian und ich schauen uns dafür den Film "Die Götter müssen verrückt sein II" an.

Dieses Jahr kann ich leider nicht mit einem kompletten Tracklog der Fährpassage aufwarten, denn wir stehen nicht an einer Außenluke. Zwischendurch gehe ich aber mit dem GPS Gerät aufs Oberdeck und kontrolliere die Geschwindigkeit. Wir fahren 48 km/h und haben um 19:13 Uhr noch ca. 990 Kilometer bis Patras. Apropos Uhrzeit: Seit wir an Bord sind, gilt für uns die griechische Zeit. Wir müssen also alle Uhren um eine Stunde vorstellen. Auch GPS-Gerät und digitaler Fotoapparat dürfen nicht vergessen werden, wenn später Bilder und GPS-Position zueinander passen sollen.

Am Abend genehmige ich mir eine Stundenkarte für das Bord-Internet. Ich möchte wenigstens kurz bei meiner virtuellen Wiesen-WG vorbeischauen und mitteilen, dass es uns gut geht. Die Kinder schreiben während dessen an ihren Reisetagebüchern und verzieren sie mit ausgeschnittenen Schiffen aus dem Minoan-Prospekt.

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