Bereits um 8:30 Uhr haben wir ver- und entsorgt, bezahlt und uns von unserem Gastgeber verabschiedet.
An der Rezeption des Platzes
Die Kinder schlafen noch. Wir nehmen die letzten 40 Kilometer nach Ancona unter die Räder. Unterwegs finden wir einen Lidl, wo wir unsere Vorräte auffüllen. Besonders viele Getränke kaufen wir ein. Jetzt, wo wir die Fähre fast erreicht haben, müssen wir nicht mehr so auf die Zuladung achten. Deshalb bunkern wir knapp 100 Kilogramm Wasser und Limonade in der Heckgarage unseres Wohnmobils. Die Kinder sind inzwischen auch wach und so frühstücken wir direkt auf dem Parkplatz des Lidl-Markes.
Gegen Mittag erreichen wir den Hafen von Ancona. Die Hitze brütet mit knapp 35 Grad über dem Hafen, als wir in die Warteschlange der bereits wartenden Fahrzeuge am Gate 8 der Hafens eingewiesen werden. Hier wird in Kürze unsere Fähre , die „Europa Pallace“ der Minoan Lines anlegen.
Das Hafengebäude von Ancona
Es stehen bereits einige Lkw und Pkw in der Warteschlange, jedoch nur wenige Wohnmobile. Das Einchecken verläuft auch so schnell wie noch nie. Ich bin der einzige Kunde am Schalter. Nach 30 Sekunden bin ich fertig und kehre zum Wohnmobil zurück Es ist merkwürdig wenig los. Vielleicht sind wir dieses Jahr besonders spät dran, mit unserem Start in den Urlaub. Vielleicht gibt es aber auch weniger Menschen, die sich noch eine Fähre nach Griechenland leisten können – ich weiß es nicht.
Tolle Dinge werden nach Griechenland verschifft!
Jetzt heißt es Warten. In unserer Reihe stehen noch zwei andere Wohnmobile. Eines davon, ein Hobby Sphinx, hat ein deutsches Kennzeichen. Dessen Besitzer spricht mich im Vorbeigehen an, ob ich Achim heißen würde. Er stellt sich als Frank vor. Wir hatten uns vor dem Urlaub im Forum der mobilen Freiheit kennen gelernt und über den Landweg nach Griechenland ausgetauscht. Franks Reiseziel ist die Türkei. Er ist mit Familie und Schwiegermutter unterwegs und hat, wie wir, sechs Wochen Zeit. Erst wollten sie die kroatische Küstenstrecke nehmen, haben dann aber umdisponiert und fahren jetzt mit der gleichen Fähre nach Igoumenitsa. Von dort aus führt ihre Route über den Kathara-Pass an den Meteora-Klöstern vorbei nach Nordgriechenland und dann weiter in die Türkei. Sie möchten bis Ölüdeniz und dann auf dem Landweg über Rumänien wieder zurück nach Hause. Sie haben einige Kilometer vor sich. Ich bin gespannt, wie ihre Fahrt verlaufen wird. Nach dem Urlaub werden wir uns in der Mobilen Freiheit wiedertreffen und unsere Erlebnisse austauschen. Für uns gibt es ja eigentlich nichts mehr zu berichten, denn was wir erleben werden, steht in diesem Reisebericht.
Durch unsere Unterhaltung haben wir nicht bemerkt, dass neben uns, verdeckt durch die wartenden Lkw, die Fähre angelegt hat. Mittlerweile beginnt schon die Entladung. Wir gesellen uns zu den Schaulustigen und bedauern die armen Ankömmlinge, deren Urlaub zu Ende ist.
Gegen 15:00 Uhr beginnt die Beladung. Als wir an der reihe sind und auf das Campingdeck rollen, werden wir an eine der großen Außenluken eingewiesen und kommen direkt neben mehreren großen Öffnungen zum Stehen, die einen großzügigen Ausblick auf das Meer ermöglichen. Auf beiden Seiten des Wohnmobils ist massig Platz. Wir können an einer der Außenluken sogar Tisch und Stühle aufstellen. Ein Sicherheitsnetz verhindert, dass unsere Sachen vom gedeckten Tisch ins Meer fallen können.
Unsere Terrasse an der Reling
Das Ablegemanöver beobachten Sarah und ich vom Oberdeck aus. Nachdem wir abgelegt haben, erkunden auch Annemarie und Fabian das Schiff. Dabei entdeckt Annemarie im Bereich der Pullmann-Sitze einen Schwarzen, der mit starrem Blick, wie irre geradeaus schaut und dabei krampfhaft seinen Rucksack umklammert hält. Sie macht mich darauf aufmerksam und ich schaue mir den Typ, möglichst unauffällig, an. Mit ihm stimmt was nicht, soviel ist klar. Er sieht genau so aus, wie man sich einen Selbstmord-Attentäter vorstellt. Er trägt ein Talibanbärtchen und schaut wie ein Irrer stur geradeaus. Er scheint am ganzen Körper zu zittern. Auch wenn ich nicht glaube, dass von ihm eine Gefahr ausgeht, macht der Typ den Anschein, er entspringe einem Katastrophenfilm. Attentäter sprengt Mittelmeerfähre! Besser hätte man den Hauptdarsteller in diesem imaginären Katastrophenfilm nicht besetzen können, auch wenn ich glaube, dass echte Attentäter weniger auffällig aussehen.
Als wir wieder auf unserer Terrasse mit Meerblick, neben dem Wohnmobil sitzen, diskutieren Annemarie und ich, ob wir die Crew auf den Typen aufmerksam machen sollten. Annemarie macht sich echte Sorgen und beschließt, nochmals nach oben zu gehen. Die Kinder möchten in den Pool und begleiten sie. Kurze Zeit später gehe auch ich ihnen nach. Beim Pool angekommen, sehe ich schon eine größere Menschenmenge neben dem Schwimmbecken stehen. Die meisten davon sind Besatzungsmitglieder. Ich entdecke auch Annemarie, die in der Nähe sitzt und das Ganze genau beobachtet. Die Kinder plantschen derweil im Wasser. Ich geselle mich zu Annemarie und die erzählt mir, dass genau der Typ gerade neben dem Pool umgekippt sei. Der Bordarzt und einige Touristen, wahrscheinlich ebenfalls Ärzte, kümmern sich gerade um ihn. Zuvor sei der Typ an der Bar gesessen und hat ein Bier getrunken. Vermutlich steht er unter dem Einfluss von Medikamenten und hat das Bier nicht vertragen. Annemarie fragt sich nun, ob sie den Unfall nicht hätte verhindern können, indem sie die Crew schon vorher auf das sonderbare Verhalten dieses Mannes aufmerksam macht. Aber was hätte sie sagen sollen? „Dieser Mann macht mir Angst? Er sieht aus, wie ein Selbstmord-Attentäter?“
Jetzt ist steht der Mann jedenfalls unter Beobachtung und seinen Rucksack, den er so krampfhaft umklammert hielt, hat die Crew ebenfalls untersucht. Annemarie ist beruhigt und wir kehren gemeinsam zum Wohnmobil zurück. Hier decken wir den Tisch fürs Abendessen und anschließend spielen Annemarie und Sarah im Wohnmobil Karten, Fabian widmet sich dem Nintendo DS und ich baue an der Reling mein mobiles Büro auf, um mit herrlichem Ausblick auf das schwarze, rauschende Meer an meinem Reisebericht zu schreiben. Schon bald muss ich einen Fliespullover anziehen, denn es wird frisch. Der Fahrtwind tut sein Übriges. Wenn ich jetzt nicht aufpasse, hole ich mir eine kräftige Erkältung oder einen steifen Hals.
Nachdem ich die letzten beiden Tage niedergeschrieben habe, begebe auch ich mich ins Bett. Der Rest der Familie schläft bereits.