Samstag, 1. April 2000

Irgendwann in der Nach wache ich auf, weil das Wohnmobil wild hin und her schaukelt. Der Wind pfeift, das Meer schäumt und immer wieder bricht ein Schwall Wasser über unser Wohnmobil. Das Schiff schlingert und stampft. Blitz und Donner runden das Bild vom perfekten Unwetter ab. Annemarie wird ebenfalls wach. Plötzlich ertönt ein kleines Stimmchen aus dem Alkoven: "Mama, was macht das Schiff? Das soll aufhören!" Fabian hat Angst. Annemarie holt ihn zu uns ins Bett. Tatsächlich haben wir ein Unwetter dieses Ausmaßes noch nie erlebt. Wahrscheinlich kommen mehre Faktoren zusammen: Das Meer westlich des Stiefels wird unruhiger sein, als das Ionische Meer. Das Schiff ist kleiner, als die griechischen Fähren und wir stehen nicht wie sonst im Bauch der Fähre, sondern auf dem Oberdeck im Freien.

An richtigen Schlaf ist nicht mehr zu denken. Immer wieder hört man einen Schwall Meerwasser auf unser Wohnmobil stürzen. Mich wundert es, dass Sarah bei dem Getöse nicht aufwacht. Ein Blick auf die Uhr: es ist 5 Uhr. Ich schaue angestrengt aus dem Fenster und kann weit weg, hinter dem Horizont, einen schwachen Lichtschein erkennen. Ich merke mir die Richtung, in die wir schwimmen müssen, wenn die Fähre kentern sollte. Sie kentert jedoch nicht. Sie scheint nicht mal die Fahrt zu reduzieren. Ich hoffe, dass Unwetter dieser Art auf dieser Route zur Tagesordnung gehören und das Schiff schon viele Überfahrten dieser Art durchgestanden hat. Warum sollte es ausgerechnet auf dieser Fahrt …?

Ich muss doch noch mal eingeschlafen sein, denn ich wache auf, weil ich das typische Rasseln der Verzurrketten höre. Das Schiff liegt ruhig im Wasser, es ist bereits hell und ein Blick aus dem Fenster bestätigt mir: wir legen an.

Zwischen Mama und Papa schläft Fabian auch im stärksten Sturm

Leise schäle ich mich aus dem Bett und ziehe mich an. Aber rund um uns herum stehen Lastwagen, die nun die Motoren anwerfen, um ihre Federspeicher mit Druckluft zu füllen. Davon wachen die Kinder auf. Bald sind wir an der Reihe, das Schiff zu verlassen. Hier in Olbia scheint die Steigung der Rampe nicht so stark zu sein. Jedenfalls schaffen wir es, die Fähre zu verlassen, ohne das die Motorradrampe aufsetzt.

Hinunter geht's besser wie hinauf

Noch im Hafengelände, direkt neben dem Schiff bleiben wir stehen, um zu frühstücken. Die Sonne scheint, aber es geht ein starker Wind, der das Wohnmobil hin und her schaukeln lässt. Wir genießen die warmen Strahlen in unserer Rundsitzgruppe. Hier hinten ist es so gemütlich, dass wir das Frühstück genüsslich in die Länge ziehen.

Frühstück im Hafen von Olbia 

Während wir frühstücken, schauen wir zu, wie die Fähre entladen wird. Kleine Rangierlastwagen schwirren im Hafengelände herum und schleppen in atemberaubender Geschwindigkeit Sattelauflieger durch die Gegend.

Als erstes brauchen wir jetzt Lire. Ich beschließe, den Roller zu nehmen, um in der nahen Stadt nach einem Bankautomat zu suchen. Gestern hatte ich mir noch überlegt, die Plane vom Roller abzunehmen. Heute bin ich froh, dass ich das nicht getan habe. Das ganze Wohnmobil ist mit Salzkristallen bedeckt. Auch die Motorradplane ist voller Salz. Aber der Roller war gut geschützt und ist trocken geblieben.

Währendessen sucht Sarah aus unserem Reiseführer die ersten Sehenswürdigkeiten heraus.

Nachdem ich mit dem Geld zurückkomme, wird es Zeit, aufzubrechen. Schließlich wollen wir nicht den ganzen Urlaub im Hafen von Olbia verbringen. Als erstes Ziel wählen wir Porto Puddu. Der Wind hat fast Sturmstärke und Porto Puddu (auch Porto Pollo genannt) soll einer der besten Surfsports im Mittelmeer sein. Selbst will ich nicht ins Wasser. Die Ausrüstung habe ich zwar dabei, aber der Wind ist mir heute eindeutig zu stark. Außerdem habe ich nicht die richtige Segelgröße dabei. Bei so einem Wind würde ein 5,5 m² Segel mit mir machen, was es will.

So vermummt waren wir noch nie an einem Sandstrand

Annemarie packt die Kinder dick ein, denn es scheint zwar die Sonne, aber der Wind ist doch sehr kalt und treibt den Sand vor sich her. Wir schauen uns ein wenig um, brechen aber den Versuch, zum Meer zu wandern, nach wenigen Metern ab, weil der Sturm zu stark ist. Man wird regelrecht sandgestrahlt, wenn man gegen den Wind läuft. Einige Freaks sind tatsächlich auf dem Wasser – für mich wäre das nichts. Ich  bin wohl ein Sonntagssurfer.

Wir halten uns nicht lange auf. Bei Arzachena gibt es einen Nuraghen, den ich besichtigen möchte. Wir fahren zurück, denn durch diese Ortschaft führte uns der Weg heute schon einmal. Gemeinsam mit den Kindern besichtigen wir den Nuraghen, von denen es auf Sardinien rund 7.000 Stück geben soll.

Auf dem Parkplatz des in der Entstehung begriffenen Museums legen wir anschließend eine Mittagspause ein. Erst am späten Nachmittag setzen wir die Fahrt fort und besuchen noch das nahegelegene Hünengrab Li Lolghi. Die Italiener nennen diese Grabart Domus de Janas, was so viel heißt wie Feenhaus. 

Nicht weit davon entfernt befindet sich die Nekropole von Li Muri. Die Kinder werden von Mama mit Indianerspielchen bei Laune gehalten, während Papa das Videomaterial für seinen nächsten Dokumentarfilm sammelt.

Dank der Informationstafeln (auch in Deutsch) kann man sich darüber informieren, was man das eigentlich gerade besichtigt

Mit diesen Informationen kann man die Steinansammlungen eher deuten

Mit den letzten Sonnenstrahlen finden wir einen Schlafplatz in einer Siedlung am Rande von Arzachena. Als die Kinder versorgt und im Bett sind, ist es bereits 22 Uhr. Bis ich dann endlich mit meinen Aufschrieben fertig bin, ist es 23:30 Uhr. Morgen früh möchte ich ein weiteres Gigantengrab, möglichst in der Morgensonne besuchen. Es wird also eine kurze Nacht. Ich muss eben schneller schlafen …

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