Mittwoch, 28. März 2001

Kurz nach sieben Uhr wache ich auf. Ich kann nicht behaupten, gut geschlafen zu haben. Daran waren aber in keiner Weise die bequemen Federkernmatratze schuld, sondern der Geräuschpegel auf dem Rastplatz. Dummerweise standen wir direkt neben der Tankstelle. Und dort war wohl die ganze Nacht der Bär los. Draußen regnet es in Strömen. Gott sei Dank führt unser Weg Richtung Süden.

Zuvor wird aber gefrühstückt. Ich muss Sarah heute morgen in ihrem Bettchen aufwecken. Die kleine Maus hat 10 Stunden durchgeschlafen und erwacht gut gelaunt: "Das Wohnmobil ist ja so gemütlich". Nach dem Frühstück geht es in strömendem Regen wieder auf die Autobahn. Wir überqueren die Grenze nach Italien ohne Kontrolle. Kurz hinter Milano tanken wir voll und fahren ohne Unterbrechung bis Sasso Marconi, wo wir die Autobahn verlassen und auf einem großen Parkplatz im Ort stehen bleiben, um zu Mittag zu essen. 

Den Regen haben wir inzwischen hinter uns gelassen, es kommt sogar die Sonne durch. Es ist angenehm warm draußen.

Die Kinder kurven mit Roller und Fahrrad auf dem Platz herum und spielen Fußball, während Annemarie für das Mittagessen sorgt. Zwei Stunden bleiben wir hier, dann machen wir uns bereit für die Weiterfahrt. 

Ich sitze schon am Lenkrad, als ich Reifen quietschen höre. Ich warte auf den Knall, der typischerweise auf solch' eine Notbremsung folgt, aber der bleibt aus. Wir verlassen den Parkplatz Richtung Autobahn – wenige Meter weiter sehen wir, was die Ursache des Reifenquietschens war: ein Motorradfahrer liegt auf der Straße neben seiner zertrümmerten Maschine und ein Fiat mit eingedrückter Seitenwand steht quer auf der Fahrbahn. Ein paar Männer laufen aufgeregt herum. Ich frage Annemarie, ob sie helfen könne und suche nach dem Verbandskasten. Er muss hinter dem Beifahrersitz liegen. Gott sei Dank kommen in diesem Augenblick die Carabinieri und kurze Zeit später ein Krankenwagen daher. Wir drücken uns an der Unfallstelle vorbei, wo der Motorradfahrer mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Boden liegt. Die Kinder haben von all' dem glücklicherweise nichts mitbekommen, denn wir haben wegen der Sonne die hintere Jalousie hochgezogen.

Die Fahrt geht weiter durch die kurvenreiche Toskana. Unterwegs kommen wir an einem schweren LKW-Unfall vorbei und ich bemerke, wie verkrampft Annemarie ist. Ihr hat die Sache mit dem Motorradfahrer ziemlich zugesetzt.  Bei Florenz kommen wir in einen Stau, der seine Ursache ebenfalls in einem LKW-Unfall hat. 

Mich wundert es nicht, dass wir so viele Unfälle zu sehen bekommen. Die Italiener fahren größtenteils tatsächlich so, als ob sie ihr Gehirn ausschalten, wenn sie den Motor anlassen. Da jagen sich zwei PKW bei mindestens 150 km/h in zwei Metern Abstand oder ein Motorradfahrer quetscht sich bei Tempo 180 zwischen einem überholenden PKW und der Mittelleitplanke hindurch. Ob es regnet oder die Straße trocken ist, macht für die meisten Italiener keinen Unterschied. Das diese Aussage der Tatsache entspricht, wird im Laufe der Fahrt bewiesen, denn wir kommen an einer Reihe von Regenunfällen vorbei, bei denen Fahrzeuge ohne Fremdbeteiligung total zertrümmert an der Leitplanke oder dem Seitenstreifen ihr Dasein beenden. Ich hoffe nur, dass wir die fünf Wochen unbeschadet überstehen und nicht von irgend einem, mit einem Fahrzeug bewaffneten Wilden "abgeschossen" werden. 

Wir beschließen, den heutigen Tag in Montepulciano zu beschließen. Wir verlassen die Autobahn und kurven über kleine Toskanische Straßen. Unser "Schulz" Reiseführer Toskana beschreibt einen Stellplatz oberhalb der Kirche Chiesa San Biagio. Wir finden den Platz, der in dem Reiseführer als einer der Schönsten in der Toskana beschrieben wird und tatsächlich: der Stellplatz ist traumhaft. 

Gemeinsam machen wir uns auf den Weg in die Altstadt von Montepulciano. Die meisten Häuser sind in roter Ziegelbauweise gehalten. Eine Schulklasse, wahrscheinlich Architekturstudenten, ist gerade dabei, die Ortschaft zu vermessen, zu fotografieren und Details abzuzeichnen. Die Kinder sind sehr interessiert und möchten genau wissen, was die Großen Kinder machen.

Das Highlight unseres Ausflugs ist die Besichtigung eines Weinkellers, wo man die riesigen Weinfässer sehen kann, in dem der Vino Nobile reift. Wir kaufen eine Flasche besonders guten Vino Nobile für unseren Freund Horst. Danach kehren wir zum Wohnmobil zurück. 

Nach dem Abendessen gehen die Kinder ins Bett und ich mache einen neuen Versuch mit der Satellitenantenne. Diesmal klappt es. Ich finde den Satellit und wir schauen uns die Nachrichten und anschließend irgend etwas belangloses im Fernsehen an, während ich an meinem heutigen Bericht schreibe.

 

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